South Africa 1 - August 2018

40 Stunden ohne Schlaf
So ein Transatlantikflug mit zweimal umsteigen ist schon eine üble Sache. Die Warterei am Flughafen in Buenos Aires und die Aufregung meistert jeder auf seine Art – Dani meditiert in der Lounge und ich geh auf Shoppingtour im Duty Free. Gleich zwei Patagonia-Taschen und ein Ruta 40-T-Shirt sollen über den Abschiedsschmerz von Argentinien hinwegtrösten ;-) .
In Sao Paolo müssen wir uns sputen um den Anschlussflug nach Johannesburg zu kriegen, aber im Flieger können wir uns schliesslich lange genug ausruhen. Mit South African Airways fliegt es sich recht entspannt, das Essen ist gut und auch das Entertainement-Programm kann sich sehen lassen. So gibts einen ausgedehnten Kinoabend und als wir schliesslich die Augen etwas schliessen wollen, stellen wir mit Schrecken fest, dass wir in zwei Stunden schon landen. Wir dachten wir könnten noch bis am Morgen schlafen, aber dass die Ankunftszeit natürlich schon Afrikazeit ist, haben wir völlig verpeilt. So erreichen wir Johannesburg ziemlich gerädert und müssen dort 5 Stunden auf den Anschlussflug nach Kapstadt warten. Das Gepäck wird natürlich nicht durchgecheckt - wir müssen es abholen, durch den Zoll bringen, über den Flughafen karren und neu einchecken, Plastikflaschen oder dergleichen interessieren hier im Fall niemanden. Mit Kaffee halten wir uns wach, packen auch noch die letzten 2 Stunden Flugzeit – eingequetscht in einen Billigflieger wie in einer Sardinenbüchse - und landen am Nachmittag im sonnigen Kapstadt.
Um mit dem Bus in den Nobelvorort Camps Bay zu gelangen, müssen wir erstmal eine City-Buskarte kaufen, vorher müssen wir aber noch Südafrikanische Rand besorgen und das alles in unserem Dusselzustand. Aber alles klappt wie am Schnürchen und wir landen nach einmaligem Umsteigen in der City im richtigen Bus. Die Busfahrt ist schon das erste Highlight in Südafrika. Die vorwiegend Schwarzen Fahrgäste lachen und singen, diskutieren quer durch den Bus miteinander und kümmern sich allesamt hilfsbereit um unwissende Touristen, damit sie auch ja am richtigen Ort aussteigen, wir sind begeistert!
Schwer beladen erreichen wir zwei Backpacker unser schickes Appartement am Hang mit Meersicht. Herzlich werden wir empfangen, die Ausstattung ist exklusiv und die Aussicht aufs Meer und die Berge grandios. Die Müdigkeit ist wie weggeblasen und bei unserem ersten Sundowner auf unserer Terrasse in Südafrika können wir endlich entspannen und einen wunderbaren Sonnenuntergang geniessen – der erste von hoffentlich ganz vielen in Afrika...


Cape Town - Waterfront und Ausflug nach Atlantis
Was für eine Stadt! Eingebettet zwischen Atlantik und Tafelberg sind die Unternehmungsmöglichkeiten in Cape Town fast unerschöpflich. Wir haben eine Woche Zeit, das Wetter soll die ganze Zeit mitspielen und die Temperaturen sind herrlich frühlingshaft, also gehen wirs langsam an.
Die berühmte Victoria & Alfred Waterfront in Kapstadt zieht jährlich 24 Mio. Besucher an, also noch mehr als die Pyramiden in Ägypten oder der Krüger Nationalpark. Entsprechend ist die touristische Infrastruktur, Restaurants und Boutiquen ohne Ende. Wir spazieren durch den Yachthafen und staunen wie viele Millionen hier so im Wasser liegen. Wir erkunden die Victoria Mall und kommen erst nach Stunden raus - das Shoppingangebot ist einfach zu einladend und auch die Preise sind attraktiv.
Wir sehen uns die Strassenkünstler vor dem Riesenrad an, spazieren zum Clock Tower und zum Anleger nach Robben Island, der berühmten Gefängnisinsel wo Nelson Mandela 18 seiner gesamten Haftzeit von 27 Jahren verbracht hat. Wir trinken da ein Bier, dort einen Espresso und lassen es uns einfach gut gehen während uns die Sonne den Pelz wärmt. Kulinarisch kommen wir in einer modernen Foodhall auf unsere Kosten, wo wir erstmals afrikanische Gerichte probieren, gekocht in einer Miniküche von zwei schwarzen, äusserst umfangreichen und gut gelaunten Matronen mit bunten Kopftüchern.
Am nächsten Tag fahren wir mit dem Bus raus nach Atlantis, dort wartet nämlich das Carnet de Passage auf uns, das wichtigste Dokument für Afrika überhaupt wenn man mit dem eigenen Fahrzeug unterwegs ist. Das Carnet ist ein Zolldokument, ohne welches man in Afrika keine Grenze überqueren kann. Das Problem dabei ist, dass es in der Schweiz ausgestellt wird (oder Deutschland) und man eine Depotgebühr im Wert des Fahrzeuges voraus zahlen muss. Diese bekommt man erst zurück, wenn man das Carnet nach Ende der Reise vollständig mit allen Stempeln wieder abgibt. Für uns war die Organisation dieses Dokuments eine rechte Knacknuss, da der Postversand nicht überall auf der Welt so einfach und zuverlässig ist wie in der Schweiz und das Dokument einen doch nicht unerheblichen Wert hat. Wieder einmal hat uns Danis Schwager Pascal hier aus der Patsche geholfen. Nicht nur hat er den Antrag von der Schweiz aus koordiniert, er hat auch eine Möglichkeit gefunden, wie das Carnet sicher zu uns kommt. Wir müssen nichts weiter tun, als das wertvolle Couvert in der Zweigstelle seiner Firma, 60 km von Kapstadt entfernt, abzuholen. Herzlichen Dank für die tolle Idee Pascal!

Die berühmte Victoria & Alfred Waterfront


Cape Town – City Centre
Der Bus bringt uns direkt von Camps Bay ins City Centre, welches wir einmal mehr zuerst auf einer Walking Tour erkunden, denn dabei gibts immer viele Tipps was man sich noch zusätzlich auf eigene Faust ansehen kann. Wir spazieren vom Castle of Good Hope – ein von den Holländern im 17. Jh. erbautes Fort - über den Paradeplatz zum Parlamentsgebäude, wo eine Statue von Nelson Mandela den Ort symbolisiert, an welchem er 1990 noch am Tag seiner Freilassung seine berühmte Rede hielt.
Natürlich ist die Apartheid ein Thema, welchem man sich in Kapstadt nicht entziehen kann und soll – zu diesem Thema werden eigene Führungen angeboten, die vor allem durch den District 6 führen, dem Viertel für ehemalige Sklaven, an welchem die Apartheid-Regierung ein ganz trauriges Exempel statuiert hat. Es gibt in der Stadt mehrere Museen, die das Sklaven- und Apartheidthema aufgreifen, doch zieht es uns bei den frühlingshaften Temperaturen einfach nicht ins Innere – lieber erkunden wir die Geschichte und die Schauplätze zu Fuss.
Besonders schön bei diesem Wetter ist auch der Stadtpark, der Company Garden. Die ersten Knospen sind bereits geöffnet und zwischen den Wurzel der Bäume spielen die flinken Eichhörnchen, die hier im Park heimisch sind. Hier steht auch der älteste Einwanderer Kapstadts, ein Birnbaum, der von den ersten Holländern gepflanzt wurde.
Es gibt unglaublich viel zu entdecken in der City. In der Long Street gibt es günstige Läden aller Art, in der Bree Street reiht sich ein Café ans nächste nebst Bars und Restaurants und in der Longmarket Street ist Danis Lieblingsplatz, eine asiatische Foodhall mit rund einem Dutzend Foodstalls von türkischen über indischen bis zu chinesischen Leckereien. Eine gute Alternative zu den Dutzenden von Steakhäusern, die afrikanisches Wild in jeder Form anbieten. Da wir von Argentinien noch recht gesättigt sind was Fleisch anbelangt, schwelgen wir lieber im gemüsereichen asiatischen Angebot.
Natürlich ist nicht alles nur modern und chic in Kapstadt. Wie in jeder Stadt gibt es auch hier viel Armut und Elend. An jeder Strassenecke sieht man Obdachlose, Kinder betteln und in Lumpen gekleidete Menschen ziehen ihr Hab und Gut hinter sich her. Als Dani sich neue Schuhe kauft, lässt er die alten einpacken und prompt kommt uns an der nächsten Ecke ein Obdachloser in löcherigen Socken entgegen. Er freut sich sehr über die Tüte mit Danis abgetragenen aber noch guten Turnschuhen, davon hat er sicher länger was davon.


Cape Town - Bo Kaap
Nebst dem Tafelberg das zweite Postkartensujet Kapstadts - die farbigen Häuser im muslimischen Viertel Bo Kaap. Dazu ein kleiner historischer Exkurs: Da die ursprünglich hier heimische Urbevölkerung nicht mit den holländischen Besatzern zusammenarbeiten wollte, haben die Holländer nicht lange gefackelt und Sklaven aus Westafrika und aus Asien – vornehmlich Malaysien und Indonesien – importiert. Den Sklaven war es nicht nur verboten Schuhe, lange Hosen oder Hemden zu tragen, sie mussten auch ihrer Traditionen, ihrer Sprache und vor allem ihrer Religion entsagen. Als dann die britische Invasion bevorstand, entschlossen sich die Sklaven, die Holländer zu unterstützen, unter der Bedingung, dass sie ihre Religion ausleben durften. Die Briten wurden vorerst geschlagen und die Sklaven errichteten ihre erste Moschee, viele weitere sollten folgen. Einige Jahre später haben die Briten Südafrika bekanntermassen doch noch eingenommen und die Sklaverei schlussendlich abgeschafft (vereinfachte Kurzversion der Geschichte). In der Folge entstand das Viertel Bo Kaap, in dem ausnahmslos Muslimen wohnten. Noch heute ist das Viertel sehr orientalisch geprägt. Es gibt 10 Moscheen, deren Minarette teils weit übers Quartier sichtbar sind, man kann hier die mittlerweile sehr beliebte Cape-Malai-Küche kosten und eben auch die farbenfrohen Fassaden der Häuser bewundern, über deren Ursprung recht kontrovers diskutiert wird. Übrigens hat auch das Afrikaans, welches in Südafrika nebst englisch und diversen afrikanischen Stammessprachen gesprochen wird, hier seinen Ursprung, ein Mix aus dem Holländisch der Seefahrer gespickt mit Ausdrücken der Immigranten und Sklaven aus dem Rest der Welt.


Cape Town – Sandstrände und Cocktailbars
Besonders gefällts uns an der Küste. Von der Waterfront in der City kann mal endlos dem Strand entlang wandern. Hier begegnet man auch den sportbegeisterten Capetonians. Ob mit dem Hund oder dem Bike, joggend, skatend oder surfend, das Leben spielt sich hier selbst im Winter draussen ab. Nach einem ereignisreichen Tag in der Stand spazieren wir gerne noch etwas am Strand entlang und nehmen einen Sundowner in einer der unzähligen Strandbars in Camps Bay. An einigen Stellen ist das Wasser zu Pools gestaut, die die teils heftigen Wellen abhalten. Von der Sonne gewärmt ist das Wasser gar nicht mal so kalt, trotzdem haben wir es leider nie geschafft, mal eine Runde zu schwimmen.


Wanderung Lions Head
Eigentlich wollten wir ja auf den Tafelberg – das Wahrzeichen Kapstadts schlechthin. Leider haben wir genau die Woche erwischt, in welcher die Seilbahn aufgrund jährlicher Wartungsarbeiten geschlossen ist, na super. Für eine Wanderung auf das über 1'000 m hohe Felsplateau fühl ich mich nicht fit genug, hat mich meine Erkältung aus Argentinien doch immer noch fest im Griff. Als Alternative dient der Lions Head, die markante Erhebung hinter dem Signal Hill, welche die Innenstadt von den noblen Vororten trennt. Der Lions Head ist nicht ganz so hoch wie der Tafelberg, jedoch soll der Weg dorthin recht spannend sein. Tatsächlich besteht dann der obere Teil aus viel Kletterei, teils mit Leitern und Felsklammern. Wir sind nicht ganz alleine auf dem schönen Wanderweg, was angesichts des Traumwetters aber auch nicht verwunderlich ist. Ich komm nicht nur wegen der Erkältung recht ins Schnaufen, die Strafe für unser Flohnerleben der letzten Wochen. Auf den Leitern brauchts für mich schon etwas Überwindung, doch die 360°-Aussicht über Kapstadt entschädigt bei weitem für den Adrenalinkick. Für den Abstieg wählen wir dann die Umgehungsroute, auf welcher wir dann auch fast alleine sind. Durch schattigen Mischwald wandern wir bis ganz runter zum Meer und geniessen das verdiente Bier in unserer Lieblingsbar.

Canal Walk Shopping Mall
Am letzten Tag schleppt mich mein seit neustem shoppingbegeisterter Schatz ins Canal Walk – Südafrikas drittgrösste Shoppingmall! Was soll ich sagen, noch nie haben wir ein Gebäude solcher Dimensionen gesehen. In der Mitte befindet sich die Foodhall unter einer riesigen Kuppel und auf alle Seite gehen Gänge ab, die auf zwei Stockwerken mit Geschäften aller Art bestückt sind. Das Angebot ist unerschöpflich, ach wäre es doch auch das Platzangebot im Tico ;-) Wir beschränken uns also auf unsere Liste und versuchen alle Verlockungen auszublenden. Komplett erschöpft machen wir uns nach Stunden auf den Rückweg nach Camps Bay, soll mal einer sagen Shopping wäre Erholung!

Fazit Capetown
Wir sind von der Stadt völlig begeistert! Die Lage ist wunderschön, genau wie das Klima im Winter. Das Freizeitangebot ist unerschöpflich, erst recht wenn man mobil ist. Cape Town hat für alle was, sei es für Sportbegeisterte und Adrenalinjunkies, Shoppingfreaks und Historikliebhaber. Die Stadt ist modern und fröhlich, sauber und übersichtlich, sei es in der City, an den zahlreichen Beaches oder in der Natur.
An jeder Ecke gibt es tolle Cafés mit gutem Kaffee und leckeren Snacks. Es gibt knusprige Sandwichs mit Avocado und Feta, knackigen Salat und raffinierte Eistees mit Ingwer und speziellen Gewürzen. Das Angebot an biologischen und gesunden Lebensmitteln ist riesig, Fairtrade ist wieder ein Thema. Es gibt Restaurants für jedes Budget und Gusto, das Preisniveau ist attraktiv. Ins Nachtleben haben wir es leider nie geschafft, aber die Voraussetzungen an coolen Bars und Clubs sind sicher da.
Natürlich gibt es Armut und Elend, genau wie überfüllte Townships am Stadtrand, von dem her unterscheidet sich Cape Town nicht von anderen Grossstädten. Auch ist uns bewusst, dass Cape Town nicht repräsentativ ist für den Rest von Südafrika, aber wir hatten eine tolle Zeit und kommen bestimmt wieder, dann aber mit dem eigenen Fahrzeug, damit wir noch mehr von der Kapregion erkunden können.
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