Peru 2 - der Süden

Durch den Altiplano
Nach einer friedlichen Nacht bei den Ruinen von Huanuco Pampa fahren wir gleich auf der Piste weiter, damit wir nicht wieder zurück auf die langweilige Hauptstrasse müssen. Wie so oft fängt es mit einer guten Piste an, die dann immer schmaler, schlechter und steiler wird. Die mittlerweile zum schmalen Track verkommene Dirtroad wird immer nasser und schlammiger und zeugt vom heftigen Gewitter, welches wir letzte Nacht nur am Rande wahrgenommen haben. Bald geht es nur noch im 4x4 weiter bergauf. Tico wühlt sich mit aller Kraft durch den Matsch, Dani ist voll konzentriert die Spur zu halten und nicht in den Graben zu rutschen. Keine Chance anzuhalten, geschweige denn zu wenden. Irgendwo steht ein Collectivo an der einzig möglichen Ausweichstelle, die Fahrgäste stampfen zu Fuss weiter. Dann kommt doch tatsächlich ein LKW um die Ecke. Obwohl er uns sicher von weitem schon gesehen hat, fährt er einfach weiter und hofft auf ein Wunder - typisch Peruaner. Dani macht sich mit Hupen und Lichthupe bemerkbar, wir können beim besten Willen nicht ausweichen. Irgendwie gelingt das Kreuzen tatsächlich, der LKW ist mit zwei Rädern im Graben, das Heck hängt über dem Abgrund. Um Millimeter verfehlt die Stossstange unseren Kotflügel, doch Dani nimmt den Fuss nicht vom Gas, dann wäre im wahrsten Sinne des Wortes „Ende Gelände“. Als ich die Augen wieder öffne, stehen wir oben auf einem steinigen Platz, Dani grinst, doch die Anspannung steht ihm ins Gesicht geschrieben. Da ich die meiste Zeit vor Angst im Sitz erstarrt bin, gibt es leider auch keine Fotos von der abenteuerlichen Fahrt. Ich frage einen Collectivofahrer, ob der Albtraum so weitergeht, doch er lacht und meint, nein nein, keine Angst, ab hier ist alles gut!
So ist dann auch, doch Entspannung ist nicht in Sicht, die schmalen Pisten halten die verrückten Peruaner nicht im Geringsten davon ab, selbst in den unübersichtlichsten Kurven halsbrecherisch zu überholen.
Ziemlich geschafft erreichen wir Huanuco. Anlässlich Danis Geburtstag gönnen wir uns ein sehr leckeres Mittagessen in einem besseren Restaurant, bevor ich mich in den langersehnten Supermarkt stürze, wo ich zur Feier des Tages all die feinen und exquisiten Leckereien kaufe, die normalerweise nicht auf unserem Einkaufszettel stehen. Ich freu mich jetzt schon auf Danis Gesicht wenn ich heute Abend die Lindorkugeln präsentiere!
Wir halten uns wie immer an Nebenstrassen, da uns der Verkehr auf der Hauptroute einfach zu mühsam ist. Wir fahren durch ein schönes Tal, in der Mitte verläuft ein brauner, stinkender Fluss. Wir werweisen, was hier solch eine Verschmutzung hervorruft, bis wir sie mit eigenen Augen sehen, die Müllhalde von Cerro de Pasco. Die Ausmasse sind gigantisch und verwüsten ein riesiges Areal und in der Mitte entspringt der genannte Fluss, der das Gift weit ins Tal runter trägt. Wieder einmal mehr sind wir schockiert von der Abfallproblematik im Land. Wir fahren durch die schäbige Stadt, die Armenviertel die in Dreck und Abfall versinken, dazwischen spielende Kinder und räudige Hunde, es ist ein Elend! Die Gegend ist Bergbaugebiet und entsprechend sieht es auch aus. Die Städte hier oben gehören zu den schmutzigsten Perus, die Belastung der Einwohner mit Quecksilber und anderen Schwermetallen soll alarmierend sein.


Im Wald der Steine
Am nächsten Morgen geht’s zum Bosque de Piedra, dem Wald der Steine. Auf einem Spaziergang erkunden wir die Gegend und suchen die Steinformationen, die uns im kleinen Infobüro angepriesen wurden. Irgendwie fehlt uns wohl die Fantasie, aber wir können beim besten Willen weder das Hündchen noch den Prediger wirklich erkennen. Nach einer Stunde treten wir den Rückweg an. Man könnte hier noch weit laufen und viel entdecken, doch ein Blick in den Himmel lässt uns von diesem Vorhaben absehen.
Durch den Altiplano (Hochebene in den Anden) auf 4‘000 Meter geht’s vorbei an Seen und Vogelschutzgebieten nach Oroya, von wo wir wieder Richtung Westen an die Küste fahren wollen.


Naturreservat Nor Yauyos Cochas
Viele Wege führen von hier oben runter ans Meer, doch wir wollen auf keinen Fall durch Lima fahren. Wir haben uns einen vielversprechenden Weg ausgesucht, der uns über hohe Pässe und durch ein Naturreservat geradewegs nach Pisco bringen soll. Die Strecke ist wunderschön und einsam. Ausser ein paar Schafherden und vereinzelten Lamas kreuzt nichts unseren Weg, bis wir bei Vilca wieder auf die Hauptroute stossen. Das Naturreservat Nor Yauyos Cochas schützt eine Schlucht und einen smaragdgrünen Fluss, der in zahlreichen Fällen ins Tal fliesst und sich immer wieder zu schönen Seen staut. Die Strasse führt in einiger Höhe durch die Schlucht, mit spektakulären Ausblicken auf die Formationen unten im Canyon. Wir kommen kaum voran, so oft halten wir für einen Fotostop. Die touristischen Dörfchen am Eingang zur Schlucht lassen wir grad links liegen, denn heute ist ein sonniger Sonntag und die Reihe der Touribusse, die am Strassenrand parkiert, lässt nichts Gutes erahnen. Auf den Zauber der Schlucht folgt trockene, steinige Landschaft. An den Ufern des Flusses wird jeder noch so kleine Platz für Obstplantagen genutzt. Wir fahren durch Bananen- Mango, Avocado- und Papayaplantagen, es ist heiss und staubig, denn mittlerweile sind wir auf unter 1‘000 Meter.


Direkt ist auch langweilig
Die Landschaft ist öde, die Strasse langweilig, da kommt Danis Spezial“abkürzung“ gerade recht. Es geht auf die LM131/IC100 nach Pisco. Noch einmal holpern wir in unzähligen Serpentinen den Berg hoch. Die wenigen Menschen die wir treffen gucken verwundert und winken danach frenetisch, hier scheinen nicht allzu viele Touristen vorbeizukommen. Es geht hoch auf 4‘600 Meter. Die Ausblicke auf die Bergwelt sind gewaltig. Ab hier geht’s nur noch runter, Kurve für Kurve, Tal um Tal, bis wir in einem breiten steinigen Flussbett ankommen. Auf der ganzen Fahrt haben wir keine Menschenseele getroffen. Die Offroadpiste ist ganz nach unserem Geschmack und wir geniessen die Fahrt ungemein. Irgendwann erreichen wir den Hintereingang von Cincha Alta und auch hier erwartet uns eine Abfallhalde gigantischen Ausmasses. Der Zauber ist dahin, schweigend rollen wir in die Stadt, auch diese ist einfach nur schäbig und schmutzig, halbfertige Backsteinhäuser, überall Bauschutt und Abfall, das reisst auch kein noch so schön gestalteter Dorfplatz heraus…


Offroadspass im Sand
Da wären wir also wieder am Meer. Dani fährt schweigend, es gefällt ihm hier nicht. Noch ahnt er allerdings nicht, weshalb ich ihn aus seiner Bergwelt rausgerissen habe. Auf dem Weg nach Pisco gönnen wir uns eine Riesenportion Ceviche und Fisch-Chicharrones - so ne Art Fischknusperli, danach ist die Laune wieder besser. Wir schlafen heute direkt am Meer. Wir beobachten die Kite-Surfer in der Bucht und lauschen den Wellen. Das Klima ist perfekt, kein bisschen schwül-feucht und abends verträgt es sogar einen Pullover. Am Morgen sind die Kiter verschwunden und stattdessen ist die Bucht voller Flamingos, was für ein Schauspiel!
Wir verlassen den Platz schon früh morgens, denn heute haben wir viel vor. Wir fahren in den Paracas-Nationalpark. Bereits kurz nach dem Eingang geht der Spass los, eine Piste mitten in die Sandwüste. Danis Augen beginnen zu leuchten und sogleich schätzen seine Augen prüfend die Dünen, ob sie wohl unser Gewicht tragen? Der Sand ist hart und wir kurven kreuz und quer über die Ebene. Wir finden alte Pisten und fahren zu abgelegenen Aussichtsplätzen über der Küste. Wir scannen die Felsformationen nach Seehunden und Humboldt-Pinguinen ab, finden jedoch keine. Dafür viele Tölpel und andere Seevögel. Der Küste entlang fahren wir südwärts. Die Pisten werden schlechter, teilweise übel wellblechig. So suchen wir uns unseren eigenen Weg, entdecken coole Plätze und haarsträubende Auf- und Abfahrten. Immer wieder ist die Hauptpiste von Wanderdünen versperrt und wir suchen uns den Weg aussen rum.
Irgendwann kommts wies kommen musste - der Übermut siegt und zwecks des perfekten Fotos wagen wir uns zu weit in die Dünen raus. Nach wenigen Metern sinken wir bereits ein, es geht gar nichts mehr. Dani zieht alle fahrerischen Register doch wir graben uns immer tiefer ein. Da hilft nur Graben und Luftdruck weiter reduzieren. Wir schwitzen gute 40 Minuten, dann stehen wir wieder auf festem Grund, das ist ja nochmal gut gegangen.
Richtung Ica fahren wir alles entlang eines Dünengürtels. Eigentlich wollten wir heute noch zur Laguna Huacachina, doch spontan entschliessen wir uns, eine Nacht in den Dünen zu verbringen. Wir suchen uns einen windgeschützten Platz und stossen mit eiskaltem Bier auf diesen Tag an, der bereits langsam ausklingt. Es wird eine typisch sternenklare Nacht und es kommen Erinnerungen auf, wie wir vor 12 Jahren mit den Motorrädern in der Sahara waren. Kalte Nächte in den Dünen, nur Sand, Sterne und sonst nichts. Wir sind glücklich und dankbar, dass wir dies nun hier in Peru erleben dürfen.


In der Oase
Eine üble Wellblechpiste führt aus den Dünen heraus nach Ica, dem Zugangstor zur Laguna Huacachina. Wieder fahren wir kilometerlang durch Abfallberge und Armensiedlungen am Rande der Dünen. Die einfachen Hütten aus Strohmatten sehen alle gleich aus. Vor 10 Jahren zerstörte ein Erdbeben grosse Teile der Stadt, wir vermuten, dass dies eine Zeltstadt für die Obdachlosen war, resp. noch immer ist. Wenige Kilometer nach Ica führt der Weg geradewegs in eine Dünenlandschaft. Gerade als man denkt, man hätte sich verfahren, erscheint hinter einer Kuppe die Oase Huacachina. Eingebettet inmitten hoher Dünen liegt der kleine See, umrahmt von Palmen und einer Touristeninfrastruktur ohne gleichen. Die Luft ist erfüllt vom Lärm der V8-Sandbuggies, die kreuz und quer über die Dünen schiessen. Wir lassen das ganze erstmal auf uns wirken, doch bereits werden wir von allen Seiten bedrängt, Buggy-Tour hier, Sandboarding dort, danke schön, wir haben unser eigenes Spassmobil dabei.
Wir checken im Desert Nights ein, einer der wenigen Unterkünfte wo man sein Auto sicher einstellen und auch darin schlafen kann, ausserdem hats einen schönen Pool. Den Tag verbringen wir mit flanieren entlang der Lagune und entspannen am Pool, resp. an der Pool Bar. Hier hats Touristen aus aller Welt, und wir amüsieren uns köstlich, als wir ein Paar ständig um unser Auto rumschleichen sehen uns aber nicht ansprechen. Wir hätten beide unser letztes Hemd verwettet dass es Schweizer sind und wir haben natürlich Recht behalten.
Ein Tag Backpacker Albtraum reicht dann aber auch, vor allem Dani, während mir die Trennung von der Poolbar doch ein wenig schwer gefallen ist. Zeit wieder in die Berge zurückzukehren.


Mysteriöse Linien und ein Mumienfriedhof
Die Linien und Figuren von Nazca beschäftigen die Menschheit schon seit geraumer Zeit. Die Ausserirdischen waren daran vermutlich unschuldig, aber wer waren die Schöpfer dann und vor allem warum? Darüber ranken sich die verschiedensten Thesen. Vom Boden aus kann man die schnurgeraden Linien und die symmetrischen Figuren kaum erkennen, davon zeugt die Panamericana, die mitten durch eine der Figuren gebaut wurde. Wer die ganze Pracht sehen will, der muss einen Flug buchen und sich in die Obhut einer kleinen Propellermaschine geben, um dann während einer knappen Stunde kreuz und quer über die Figuren geflogen zu werden. Wenn man die Peruaner hinter dem Steuer eines Fahrzeuges erlebt hat, muss man sich das schon sehr gut überlegen. Gereizt häts uns wirklich, doch wir hatten die Warnungen all derer im Kopf, die uns von dem turbulenten Flug erzählt und abgeraten hatten, wenn man leicht seekrank wird. So begnügen wir uns mit dem Blick von einem Aussichtsturm, der ziemlich enttäuschend ist und eigentlich nur Lust auf mehr macht.
Einen kurzen Abstecher von Nazca findet sich der Mumienfriedhof von Chauchilla. Die Grabkammern waren einst von Grabräubern geöffnet worden und seither liegen die Mumien, die im Wüstenklima nicht verwesen, nur von einem Strohdach geschützt in ihren offenen Gruften. Mittlerweile sind die Gruften schön hergerichtet und auch die verstreuten Knochen hübsch „gebüschelet“, so dass man sich heute nicht mehr so sicher ist, ob der jeweils richtige Kopf auf dem Mumienbündel sitzt. Dieser Umstand schadet dem Ambiente jedoch in keinster Weise und wir inspizieren alle der weit im Gelände verstreuten Gruften. Auch hier gäbe es noch viel auszugraben, denn es liegen noch haufenweise Knochen in der Gegend rum. Uns gefällt die Gegend so gut, dass wir uns gleich einen Schlafplatz in der Nähe suchen. Schliesslich ist heute Allerheiligen so ist das Schlafen neben dem Friedhof schon in Ordnung, denn die Latinos hegen den Brauch, an diesem Feiertag ihrer Verstorbenen zu gedenken indem sie auf dem Friedhof feiern und sogar kochen.


Zurück in die Berge
Auf bestem Asphalt geht es wieder in die Höhe, durch weite Prärie und Hügellandschaft. Unterwegs halten wir an einem kleinen Naturpark, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, die wilden Vicunas, Verwandte der Lamas zu schützen. Wir bekommen von Pamela, einem Indiomädchen eine Führung durchs kleine Museum mit vielen ausgestopften Exemplaren der heimischen Tierwelt. Wir lernen von Pamela viel über die Vicunas und was sonst noch alles hier lebt, im Anschluss dürfen wir sogar Juanito, das 4-monatige Vicunababy kraulen, welches mich zum Dank doch prompt anspuckt!
Vicunawolle gehört zur teuersten der Welt denn ein Vicuna gibt nur alle 2 Jahre ca. 250 g feinste Wolle. Schon die Inkas haben die Tiere in zeremoniellen Jagden zusammengetrieben und nach der Schur wieder freigelassen. Leider haben die Spanier diesen Brauch nicht übernommen, sondern die Vicunas gnadenlos abgeschlachtet, so dass die verbleibenden Exemplare heute geschützt sind. Auf der Weiterfahrt sehen wir nebst den wilden Vicunaherden auch viele Alpacas. Diese leben nicht wild sondern werden als Fleisch- und Wollelieferanten gezüchtet. Ein Alpaca liefert pro Jahr über 2.5 kg Wolle, aus welcher feine und wärmende Kleidung hergestellt wird. Nachdem wir jetzt so viel über die hiesige Fauna gelernt haben, achten wir uns besonders während der Weiterfahrt, das Highlight sind aber definitiv die Andenkondore, die über unseren Köpfen kreisen und sich vom Aufwind weit in die Höhe treiben lassen.


Cordillera Vilcabamba
Trotzdem wirds uns auf der Hauptstrasse schnell langweilig. Wir suchen nach einer Alternative und finden sie. Über die Cordillera Vilcabamba kommen wir von Westen her zum Machu Picchu und müssen so nicht erst über Cusco. Was auf der Karte wiedermal so nach „Abkürzung“ aussieht, ist in Wirklichkeit eine 3-tägige Reise durchs Hinterland, einem 2.5 km tiefen Canyon und zwei hohen Pässen. Zum Glück haben wir getankt und eingekauft. Am zweiten Tage fahren wir nach einer regenreichen Nacht durch eine kurze aber heikle Schlammpassage, und mir wird bewusst, dass wir den ganzen Weg wieder zurück müssen, falls wir irgendwo nicht durchkommen. Tankstellen gibt es keine auf dieser Route, wir kämen also gar nicht mehr zurück zur Strasse. Mit diesem Wissen macht sich bei mir eine leichte Anspannung breit als wir Richtung Apurimac-Canyon fahren. Doch die Sonne lacht vom Himmel, die Piste ist bester Schotter und die Landschaft ist unglaublich schön. Die Strasse schlängelt sich auf 3‘500 Meter durch die Berge und plötzlich breitet sich der Canyon vor uns aus. Der Rio Apurimac liegt ganze 2‘500 Meter unter uns. Die Strasse führt in Dutzenden Serpentinen hinunter und auf der anderen Seite im gleichen Stil wieder hoch. Unten im Canyon schwitzen wir bei über 30° Grad, während die Temperaturen oben in den Bergen bei 17° Grad liegen. Am Nachmittag finden wir einen Schlafplatz auf der Höhe und sehen die 6‘000er der Cordillera Vilcabamba hinter einem Wolkenschleier, die Spitzen von der Abendsonne beleuchtet. Das gibt morgen früh ein fantastisches Foto in der Morgensonne…
Am nächsten Morgen stecken wir im Nebel, nix mit Bergpanorama im Sonnenschein. Dani fährt voller Konzentration, die Sicht beträgt keine 10 Meter. Wir erklimmen den ersten Pass auf 4‘500 Meter, immer noch in der Hoffnung, dem hartnäckigen Nebel zu entfliehen. Tatsächlich lichtet sich Nebel auf dem Pass, nur damit wir erkennen, dass sich die Berge in den Wolken verstecken. So ein Frust! Also tauchen wir erneut ins Nebelmeer ab und sind froh, dass es wenigstens nicht regnet. Als wir auch den 2. Pass problemlos überwunden haben, löst sich meine Anspannung, jetzt kann eigentlich nichts mehr schief gehen auf dem Weg zum Machu Picchu.


Machu Picchu
Nach dem dritten anstrengenden Fahrtag erreichen wir am Nachmittag das Tal des Urubamba. Nicht nur ziehen sich die letzten 30 km unmöglich in die Länge, auch fangen wir uns noch einen platten Reifen ein, den wir am Strassenrand an der prallen Sonne wechseln müssen. Ziemlich geschafft erreichen wir den angepeilten Schlafplatz am Ufer des Urubamba, wenige Kilometer vor dem Parkplatz der „Hidroelectrica“.
Viele Wege führen nach Rom, nur wenige zum Machu Picchu. Eine Strasse führt nicht hin, man hat die Wahl zwischen einem 3-tägigen Hike auf dem Inkatrail, einer völlig überteuerten Zugfahrt von Cusco oder per Helikopter direkt zum Nobelresort oben beim Machu Picchu. Da wir der Firma Belmond, welche praktisch im Besitz der gesamten Infrastruktur rund um die Inkastätte ist, möglichst wenig Geld in den Rachen schieben wollen, wählen wir die 4. Variante. Der Parkplatz des Wasserwerks ist der nächstgelegenste Punkt, den man mit dem eigenen Fahrzeug erreichen kann. Wir stellen also Tico dort ab und wandern die 12 km entlang der Bahngleise bis nach Aguas Calientes, dem Dorf am Fusse des Machu Picchus. Hier dreht sich alles um Machu Picchu-Touristen, Unterkünfte, Hotels, Restaurants, Souvenirshops und massenhaft Führer warten nur darauf, den Touristen das Geld aus der Tasche zu ziehen. Wir kämpfen uns durch das überlaufene Dorf und holen unsere Tagestickets für die Inkastätte. Es ist noch früh und wir wollen nicht warten, bis man das günstigere Nachmittagsticket kaufen kann, schliesslich wollen wir heute noch zurück zum Auto. Nach einem leckeren Sandwich in einer französischen Bäckerei suchen wir die Busstation. Dani besteht darauf, mit dem Bus vom Dorf hoch zur Anlage zu fahren statt hoch zu laufen, im Nachhinein eine sehr gute Entscheidung, auch wenn der Preis von 12 US$ pro Person eine ziemliche Nummer ist, wenn man bedenkt, dass man in Peru für wenige Dollar mit dem Bus durchs ganze Land fahren kann!
Zwanzig Minuten lang fahren wir Serpentinen und überwinden dabei 400 Höhenmeter. Weitere 20 Minuten warten und kämpfen wir uns durch den Stau vor dem Eingang, bis wir endlich in der Anlage sind. Wir laufen hoch zum ersten Aussichtspunkt und da liegt sie vor uns, die berühmte Inkastadt Machu Picchu. Obwohl wir alle die Bilder kennen, ist es unbeschreiblich, hier oben zu stehen und die ganze Umgebung auf einen wirken zu lassen. Um die 2‘000 Menschen befinden sich momentan in der Anlage und trotzdem finden wir immer wieder schöne Aussichtsplätze, wo man praktisch ungestört auf der Wiese sitzen und die Inkastadt inmitten der Bergwelt geniessen kann. Über drei Stunden erkunden wir die Stadt und die Umgebung. Man könnte hier den ganzen Tag herumwandern, aber die Sonne brennt vom Himmel und wir haben heute doch noch einige Kilometer vor uns. Am Nachmittag nehmen die Menschenmassen nochmals zu und wir treten den Rückweg an. Der Fussweg führt über teils steile Steinstufen den Berg runter, schliesslich wollen die 400 Höhenmeter auf nur 1.7 km gemeistert werden. Unten an den Bahngleisen schlottern uns die Knie, jetzt noch 10 km entlang der Gleise zurück. Der Weg auf dem geschotterten Bahngleis, der am Morgen noch so locker flockig von Statten ging, zehrt diesmal an den Kräften und wir sind froh, als wir nach 2.5 Stunden zurück beim Parkplatz sind, nach gesamthaft ca. 28 km sind wir doch ziemlich geschafft. Wir fahren zurück zu unserem schönen Schlafplatz am Fluss, wo wir nach einer Dusche ohne Abendessen todmüde ins Bett hoch krabbeln. Auch wenn es ein anstrengender Tag war, hat sich das Projekt Machu Picchu absolut gelohnt und wir würden es ein andermal wieder genau gleich machen.
An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an alle, die uns diesen Trip durch ihre Spende in unsere Reisekasse mitfinanziert haben!


Im heiligen Tal der Inkas
Am nächsten Morgen stehe ich vor einem ganz anderen Problem. Ich komme kaum vom Bett runter, so tut mir alles weh. Dani grinst nur, als ich lautstark schimpfend zum nächsten Busch humple. Zu allem Übel zerstechen mir die lästigen Beissfliegen beim Pinkeln mein ganzes Hinterteil. Am liebsten würd ich mich gleich wieder ins Bett verkriechen, nur hab ich beim besten Willen keinen Plan wie ich da wieder hochkommen sollte! Zum Glück müssen wir heute nur im Auto sitzen. Wir fahren den ganzen Weg im Tal des Urubamba wieder zurück und erreichen am Nachmittag, nach einer schönen Fahrt über den Abra Malaga-Pass Ollantaytambo und somit das Valle Sagrado - das heilige Tal der Inkas. Wir gönnen uns heute die Infrastruktur eines Hotels und verwöhnen die verspannten Glieder mit einer schönen heissen Dusche. Später schlendern wir durchs Dorf, welches von zwei Seiten von Inkafestungen im Hang gesäumt wird. Eigentlich wollten wir die grosse Festung erkunden, doch als wir unten vor den hohen Stufen stehen, entscheiden wir uns spontan um, unsere Beine brauchen heute wirklich noch etwas Ruhe. Ausserdem sehen wir die Anlage wunderbar vom Liegestuhl im Garten des Hotels ;-)
Stattdessen setzen wir uns nach unendlich langer Entscheidungsblockade - aufgrund totaler Reizüberflutung - in ein Restaurant am Dorfplatz, heute lassen wir kochen.
Am nächsten Tag besuchen wir die landwirtschaftlichen Terrassen von Moray, die Salzterrassen von Maras und die imposante Inkafestung oberhalb von Pisac. Für die Sehenswürdigkeiten im Valle Sagrado gibt’s ein Touristenticket für 70 Soles (ca. 23 CHF), will man allerdings noch die Museen und Anlagen rund um Cusco anschauen, lohnt sich eventuell das teurere 10-Tages Ticket für 130 Soles (ca. 43 CHF) pro Person. In Pisac essen wir mal wieder richtig lecker peruanisch und finden ein Café, welches nebst allerlei veganen Produkten auch tolles Brot verkauft. Bevor wir uns auf den Weg nach Cusco machen, decken wir uns grosszügig mit Vollkorn-, Sauerteig- und Nussbrot ein, welch ein Genuss!


Cusco - die Stadt der Könige
In Cusco müssen wir erstmal die Autoversicherung verlängern. Lustigerweise konnten wir bei der Einreise nur 1 oder 3 Monate versichern, während die „Vivas“ einige Tage später, bei derselben Agentur problemlos 2 Monate bekamen. So verlängern wir halt nochmal um einen Monat, bezahlen aber diesmal nur die Hälfte, das soll mal einer verstehen. Auf dem Weg zum Campingplatz, wo wir uns mit den „Vivas“ verabredet haben, besuchen wir noch die Inkastätte Sacsayhuaman (wird übrigens wie „Sexy Woman“ ausgesprochen). Hier beeindrucken vor allem die Mauern, die aus riesigen Steine, komplett fugen- und mörtellos, perfekt passend gebaut wurden. Dieser Baustil nennt sich „imperial“ und wird nur in königlichen Tempeln verwendet.
Der Campingplatz „Quinta Lala“ liegt oberhalb der Stadt und ist ein beliebter Overlander-Treffpunkt. Auch kann man hier sein Fahrzeug stehen lassen, wenn man mit dem Zug zum Machu Picchu fährt. Wir plaudern mit Deutschen, Holländern, Franzosen und lernen endlich Karl-Heinz aus Schopfheim kennen, von welchem wir schon öfters gehört, ihn aber immer verpasst haben. Bald darauf kehren auch die Vivas und ihr Schweizer Besuch Stefan vom Stadtbummel zurück. Die Wiedersehensfreude ist allseits gross, haben wir unsere Freunde doch fast vor zwei Monaten in Ecuador letztmals gesehen. Obwohl wir in regelmässigem Kontakt stehen, gibt es viel zu erzählen und Infos auszutauschen. Am Abend kochen wir gemeinsam, die beiden haben fast 1.5 kg bestes Entrecote erstanden, zu welchem sie uns heute grosszügigerweise einladen. Viiielen Dank nochmals, auch für den schönen Abend!
Am nächsten Tag erkunden wir die Stadt. Wir besuchen das historische Museum, wo wir die Infos erhalten, die uns bei den verschiedenen Anlagen gefehlt haben, essen tolle Sandwich zum Mittag und treffen uns dann mit den Vivas und Stefan zur „Free Walking Tour“. Eine solche Stadtführung haben wir bereits in Medellin mitgemacht und waren sehr begeistert. Auch hier werden wir nicht enttäuscht. Unser Guide weiss viel über die Geschichte der Stadt, wo einst nur Mitglieder der königlichen Gesellschaft gelebt haben und zeigt uns Relikte aus der Zeit der Inkas und davor. Tatsächlich wurden viele Gebäude, wie auch die kolonialen Kirchen auf den Fundamenten der Inkatempeln gebaut, nachdem diese von den Spaniern zerstört wurden. Wir runden den Tag in der „Stadt der Könige“ mit Pisco Sours und Alpacasteaks in einem hübschen Restaurant ab, schliesslich müssen wir den Abend mit unseren Freunden feiern, denn sie verlassen uns morgen in Richtung Valle Sagrado und Machu Picchu.


Pech & Pleiten
Den verregneten Sonntag verbringen wir noch auf dem Campingplatz und legen einen Bürotag ein. Zu tun gibt’s da jeweils genug!
Am Montag früh fahren wir aus der Stadt, wir haben ein straffes Programm! Erst sehen wir uns die Inkastätte von Tipon an, dann die Kirche von Andahuaylillas, gemäss Reiseführer die “sixtinische Kapelle“ von Peru. Von aussen gar nicht spektakulär, geizt sie von innen nicht mit Gold und Prunk. Die ganze Pracht erdrückt einem fast und passt so gar nicht zum Rest des Dorfes.
Wir wollten heute eigentlich zum Cerro Colorado - oder auch Rainbow-Mountain genannt. Auf über 5‘000 Meter zeigt hier ein Bergrücken ein gewaltiges Farbspektrum, wie ein Regenbogen in allen Erdtönen. Das Wetter ist schon den ganzen Morgen über „gruusig“ und in der Richtung wo die Berge liegen, hängen üble schwarze Wolken. Schon die weniger hohen Berge im Vordergrund sind tief verschneit, so können wir uns die Fahrt hoch sowie die anstrengende Wanderung auch sparen. Noch eine Weile blicken wir trübselig in die Richtung der Berge, bis wir uns schweigend zur Rückkehr einigen. Das Wetter spielt einfach nicht immer nach unseren Regeln, da kann man nichts machen - einfach Pech!
Den nun „freien Nachmittag“ nutzen wir für eine Offroadfahrt durch die Berge. Eine Alternativpiste Richtung Süden zu unserem nächsten Ziel, dem Colca Canyon. Das Wetter klart von Süden her auf und wir geniessen die Fahrt durch die Prärie, vorbei an vielen Schaf- und Vicunaherden, immer die Schneeberge im Hintergrund. Wir verbringen eine eiskalte, einsame Nacht inmitten dieser beeindruckenden Landschaft und auch den nächsten Tag geht’s im selben Stil weiter, bis wir am Nachmittag das Tal des Colca-Canyon erreichen. Auf beiden Seiten des Flusses sind die Hänge steil terrassiert und werden hier tatsächlich noch bewirtschaftet. Auch heute werden wir wieder mit einem Panoramaschlafplatz verwöhnt, an die Kälte auf knapp unter 4‘000 Meter haben wir uns langsam gewöhnt und kommen trotz gut einstelliger Temperaturen in der Regel ohne Standheizung aus. Als ich am Abend nochmal das Auto verlasse, krachts plötzlich und ich falle ins Leere. Oh nein, bei unserem Trittbrett ist die Halterung gebrochen! Während ich mich aufrapple höre ich Dani lachen:„ das einzige Teil das bei unserem Landcruiser bisher gebrochen ist, ist von Land Rover - weder Pleite noch Pech, einfach nur komisch!
Am Morgen sind wir noch früher auf als sonst, der Colca-Canyon wartet! Am Eintritt zum Park steht in provokanten Lettern: der tiefste Canyon der Welt! Wenn man den Grand Canyon und den Copper Canyon gesehen hat, darf man wohl durchaus etwas erwarten! Ausserdem nisten viele Andenkondore in den steilen Canyonwänden und an gewissen Stellen kann man sie früh morgens beobachten, wie sie sich vom Aufwind in die Höhe treiben lassen. Zähneknirschend bezahlen wie die je 70 Soles (23 CHF) für das Ausländerticket und steuern den Aussichtspunkt Cruz del Condor an. Wir sind noch früh, doch bereits herrscht emsiges Treiben: die ersten Touribusse rollen an, und die Händler legen ihre Waren aus. Wir suchen uns eine etwas abgelegenere Ecke und warten… und warten… und warten. Bald stehen Dutzende Touribüssli auf dem Parkplatz und es wird langsam eng, doch kein Kondor zeigt sich heute in der Schlucht. Nach zwei Stunden sehen wir weit weit oben am Himmel einen kreisen, als ob er auf uns runtersehen und mitleidig grinsen würde. Die Tourguides werden langsam nervös und zeigen ihren Gästen Handyfotos von letzter Woche, da hätts massenhaft Kondore gehabt. Wir schmunzeln nur, natürlich hätten wir auch gerne die majestätischen Vögel von ganz nah gesehen, aber auch da kann man nichts machen, wieder Pech.
Nun wollen wir aber den „tiefsten Canyon der Welt“ sehen. Wir fahren weiter und weiter, laufen zu unzähligen Miradors und suchen vergeblich die schwindelerregende Schlucht. Irgendwann biegt die Strasse weg vom Fluss und wir geben unser Vorhaben auf. Der Canyon ist schön, aber ganz sicher keine Superlative. Später lesen wir bei Wikipedia dass der Canyon nur etwa 1 km tief ist, misst man aber vom Gipfel des höchsten Berges an der Schlucht, beträgt die Tiefe mehr als 3‘600 Meter, hmmm. In Anbetracht des hohen Eintrittspreises fühlen wir uns etwas verarscht, für uns ganz klar eine PLEITE.
Wir fahren zurück nach Chivay, wo wir gestern viele Restaurants gesehen haben. Leider ist die Stadt in Vorbereitung für ein Fest und der ganze Innenstadtbereich wo sich die Restaurants befinden ist für jeglichen Verkehr gesperrt. Nicht ohne unser Auto, so fahren wir weiter Richtung Pass. Kein einziges Restaurant entlang der Hauptstrasse, es ist kaum zu glauben. Also kein Mittagessen heute, der Kühlschrank ist nämlich auch leer. Tja, was soll man sagen: Pech! Dafür finden wir ausgangs Dorf einen Mechaniker, der in übelster McGyver-Technik unser Trittbrett zusammenschweisst. Wir sind gespannt wie lange es hält…
Die Fahrt über den Abra Patapampa Pass entschädigt für den leeren Magen. Es geht über 4‘900 Meter in eine Hochebene mit spektakulärer Sicht auf Schneeberge und Vulkane. Tico stottert den Berg hoch, der schlechte Repsol-Diesel pufft schier unverbrannt aus dem Auspuff und lässt uns qualmen wie der Vulkan der gerade vor uns liegt.
Heute schlafen wir auf über 4‘000 Meter. In Merinowäsche und Wollmütze kochen wir draussen Aelplermagronen mit Apfelmus, während die Sonne in spektakulären Farben hinter den Bergen verschwindet und die Vulkane nochmal so Richtung in Szene setzt.
Welch unglaublicher Moment, hatte ich tatsächlich von Pech und Pleiten geschrieben? In solchen Momenten werden Frust und Aerger ganz klein und wir sind einfach nur glücklich und dankbar, dass wir so viel Schönes erleben dürfen.


Arequipa - la bonita
Die zweitgrösste Stadt Perus soll reich an Kolonialgebäuden und Kirchen aus Sillar, dem weissen Vulkangestein sein. Auch die Lage der Stadt, zwischen Vulkanen und Schneebergen - und trotzdem auf angenehmen 2‘300 Meter - klingt verheissungsvoll.
Der Camping des Hotels Mercedes liegt strategisch gut nahe am historischen Stadtkern, dem Einkaufscenter und einer Wäscherei. Der Platz wäre sehr schön mit guter Infrastruktur, doch leider liegt er gleich zwischen Schnellstrasse und Umfahrungsstrasse. Aufgrund dessen ist der Lärmpegel recht hoch, vor allem wenn man die Vorliebe der Peruaner für ausgiebiges und anhaltendes Hupen kennt. Nun denn, Wäsche abgeben und Stadtzentrum erkunden. Wir lassens gemütlich angehen in einem hübschen Café bei richtig leckerem Espresso und Gebäck wo wir gleichzeitig den Stadtrundgang planen können. Die Gebäude um die Plaza de Armas sind wirklich beeindruckend, vor allem die riesige Kathedrale im römischen Stil aus weissem Sillarstein. Wir schlendern durch die Strassen und entdecken weitere imposante Kirchen, hübsche Geschäfte und eine moderne Einkaufsstrasse.
Nun folgt der heikle Teil: nach der Pleite mit dem Touriticket von Cusco und der darauffolgenden Nötigung Danis zwecks Amortisation alle darin eingeschlossenen Inkaruinen zu besichtigen, hat Dani kategorisch erklärt, keine „Steinhaufen“ mehr anschauen zu wollen und schon gar nicht mehr dafür zu bezahlen! Die Hauptattraktion von Arequipa ist allerdings „Santa Catalina“, ein 400-jähriges Kloster für Töchter aus gutem, resp. vermögendem Hause, welches erst vor ca. 50 Jahren seine Tore für die Allgemeinheit geöffnet hat.
Ich will das Kloster unbedingt sehen und bin überzeugt, dass es Dani auch gefallen würde, allerdings will ich mir dann nicht drei Tage lang anhören, dass ich ihn dazu genötigt habe altes Gemäuer anzusehen. Mir zuliebe kommt er schliesslich mit. Kaum sind wir im Eingangshof, bin ich schon begeistert. Sorgfältig restaurierte Mauern und Torbögen, leuchtende Farben, viele Blumen und Pflanzen - ich fühle mich gleich wie in Mexico! Ich blicke zu Dani dem es gleich zu gehen scheint, bereits greift er zur Kamera und macht sich ans erste Motiv, uffhh... Tag gerettet! Über zwei Stunden erkunden wir das riesige Kloster. Wie eine Stadt in der Stadt, mit eigenen Strassen und vielen Gebäuden. Ein riesen Wirrwar an Eingängen, Räumen und Hinterhöfen. Ein Fest für die Sinne mit den Farben, den Gerüchen nach Holzfeuern und Kräutergarten. Kein Stadtlärm dringt in diese Gemäuer, nur diskrete Kirchenmusik ist zu hören. Nach der Öffnung wurde die Anlage sorgfältige restauriert und trotzdem so authentisch wie möglich gelassen. So sieht man die Unterkünfte der Nonnen - je nach Rang grösser und komfortabler - sieht wie gelebt, gekocht und gebetet wurde. Zu Spitzenzeiten sollen hier über 400 Frauen gelebt haben. Davon sind aber längst nicht alles Nonnen gewesen, die Töchter aus gutem Hause hatten hier einen hohen Lebensstandard, für ihr Wohl sorgten Dienerinnen und Zofen und der Lebensstil war ausschweifend.
Nach so viel Historik brauchen wir dringend etwas für den Magen. Beim Inder gibt’s noch was Leckeres für den Gaumen, wobei „medium spicy“ für mich schon brutal an der Schmerzgrenze liegt.
Nach einem erneuten abendlichen Rundgang ist dann für uns auch wieder genug Stadt und nach einer laaangen Nacht mit viel Verkehrslärm, Sirenen und Gehupe sind wir zwar nicht erholt, aber trotzdem motiviert für die nervenaufreibende Hetzjagd durch das Labyrinth der Strassen der Stadt.
Arequipa hat uns gut gefallen, vor allem natürlich wegen dem Kloster. Bestimmt gäbe es noch viel zu entdecken, aber uns ziehts wieder in die Natur und davon hat Peru jede Menge zu bieten.


Perus „Lagunenrunde“
Kaum haben wir die Agglomeration Arequipas verlassen, sind wir schon wieder mittendrin in der Natur, die wir so lieben. Nichts als Steppe, Hügel, Tiere und Aussicht auf die Vulkane ringsum, auch wenn frühmorgens alles noch etwas im Dunst liegt. Wir entscheiden uns für die alte Strasse nach Puno, kein Bock auf peruanisches Selbstmordkommando und Elefantenrennen. Die Entscheidung stellt sich als goldrichtig heraus. Auf qualitativ unterschiedlichen Schotterpisten - mal fest, mal sandig, mal wellblechig - fahren wir zwei Tage lang durch den Altiplano, vorbei an Salz- und anderen Seen, treffen kaum eine Menschenseele, dafür auf massenhaft Lamas, Alpacas, Vicunas, Schafe, Flamingos, Esel und sogar auf Chinchillakolonien. Wir fahren mehrheitlich zwischen 4‘200 - 4‘700 Meter und schlafen auch wunderbar auf dieser Höhe an einem Bach, wobei uns am Abend eine Delegation aus dem nächsten Dorf besucht und uns einlädt, im Dorf zu übernachten, es sei doch sicherer und bequemer. Wir lehnen dankend ab, wenn wir die Wahl zwischen einem peruanischen Dorf und der wilden Natur hier haben, fällt uns die Entscheidung nicht wirklich schwer.
Am Morgen zeigt das Thermometer allerdings -5° und die Landschaft ist mit Rauhreif überzogen, doch kaum ist die Sonne da, ist bald schon wieder T-Shirt angesagt.
Gegen Mittag erreichen wir Puno und somit den Titicacasee. Nach einem letzten Einkauf im „Plaza Vea“ und dem darauffolgenden Verzehr eines inzwischen kalten Hühnchens noch auf dem Parkplatz, machen wir uns auf die Suche nach einem Schweisser, der den Verschluss unseres Reserveradträgers repariert, welcher uns gestern auf einer Wellblechetappe gebrochen ist. Danach steuern wir den Camping „Casa Blanca“ an, wo zu unserer Überraschung bereits Kalle steht und freudig winkt.
Den Nachmittag verbringen wir mit Plaudern, Bier trinken und Lizzy (Kalles Hündin) beschäftigen, wird wohl wieder nix mit Reisebericht schreiben und Fotos hochladen, aber wer will bei dem Wetter schliesslich schon am Laptop sitzen. Den Abend verbringen wir bei einem Glas Wein in Kalles Kabine und tauschen Reisegeschichten aus.
An unserem letzten Morgen in Peru kommen wir kaum in die Hufe, aber es ist auch mal schön mit anderen Reisenden zu quatschen und Tipps auszutauschen - die Vorteile wenn man auf einem Camping logiert.
Heute wollen wir noch ein wenig am Titicacasee entlang fahren. Unterwegs gehen wir nochmal peruanisch essen, wir bestellen Chicharrones, frittierte Schweins- und Pouletstücke. Nicht gerade leichte Kost aber was solls, für einmal kein „Pollo y Arroz“ (Reis und Hühnchen) ;-) Danach erkunden wir eine der Halbinseln und bleiben schliesslich an einem tollen Aussichtspunkt oben an einer Klippe. Rechtzeitig zum Apero stösst Kalle noch dazu und später kommt - mal wieder - eine Delegation aus dem Dorf, die einer kolumbianischen Mountainbike-Truppe die Aussicht vom Felsen zeigen will. So komm ich endlich noch zu meinem Foto mit den tollen peruanischen Frauen in ihren prächtigen Trachten.
Ein gebührender Abschied von einem spannenden und wunderschönen Land. Morgen stürzen wir uns ins nächste Abenteuer, Bolivia - wir kommen!


Fazit Peru
Peru ist ein riesiges Land, noch nie zuvor haben wir so viele Stunden fahrend zugebracht. In den 39 Tagen im Land haben wir knapp 5‘000 km zurückgelegt, dies entspricht einem Tagesdurchschnitt von 126 km! Was auf der Karte wie eine lockere Tagesetappe aussieht, ist in Wirklichkeit häufig eine mehrtägige Fahrt über Berge und Pässe, mit unzähligen Kurven auf Schotter und Wellblech.
Peru hat landschaftlich unglaublich viel zu bieten. Die höchsten Berge der Welt, Abgeschiedenheit, unendliche Prairie, Wüsten, auf der anderen Seite bedeutende Inkaruinen und koloniale Gebäude in den Städten. Auch waren wir überrascht, wie einfach es meistens war, schöne einsame Wildcamps zu finden. Natürlich waren wir selten völlig allein, häufig kamen abends Nachbarn auf einen Schwatz um zu sehen, wer wir sind, ein Problem war es aber bis auf eine Ausnahme nie.
Die weniger schöne Seite ist das allgegenwärtige Abfallproblem sobald man sich der Zivilisation in irgendeiner Form nähert. Die Dörfer sind schäbig: Lehm- oder Backsteinhäuser - häufig nicht zu Ende gebaut, Armierungseisen und Bauschutt überall.
Was uns in Peru auch negativ in Erinnerung bleibt ist der kriminelle Fahrstil der Peruaner. Egal ob mit Mototaxi, PW, Lastwagen, Bus oder mit dem Einkaufswagen im Supermarkt, die Peruaner fahren verantwortungslos und risikovoll. Überholen in den Kurven, auf engen Bergstrassen, Vorbeidrängeln an der Ampel. In der Stadt herrscht totale Anarchie, da werden aus zwei Fahrspuren schnell mal vier, TucTucs nicht eingerechnet die sie gerne auch noch dazwischen quetschen. Als weitere Stolpersteine sind da fehlende Dohlendeckel in der Stadt zu nennen, Tiere auf der Fahrbahn auf dem Land und die allgegenwärtigen Speedbumps, die einem das Leben schwer machen. Wett macht das alles eine faszinierende Landschaft und herzliche, offene Menschen. Wann immer möglich, haben wir Nebenstrassen gewählt, da man dort deutlich entspannter unterwegs ist, auch wenn es zeitlich und distanzlich meist kein Vorteil bringt.
In Peru haben wir viel in Restaurants, resp. kleinen Essbuden gegessen, da die Vielfalt bedeutend grösser ist als in anderen Ländern. Auch hier dominieren Reis, Kartoffeln und Poulet, doch gibt es auch Eintöpfe, leckere Suppen und unser Lieblingsgericht „Lomo Saltado“, gebratene Rindfleischstreifen mit Tomaten und Zwiebeln, natürlich mit Reis. Auch das Nationalgericht „Cuy“, gegrilltes Meerschweinchen, haben wir probiert, schmeckt aber nicht so besonders.
Unser grösster Ausgabenpunkt in Peru war der Diesel. Zum einen natürlich wegen der Distanzen, zum anderen aufgrund der extremen Höhen bis 4‘900 Meter, wo wir einen hohen Verbrauch hatten. Die Dieselqualität variert massiv, so lief unser Auto mit dem Diesel von Primax deutlich am besten.
Grundsätzlich ist Peru ein günstiges Land. Dass wir es trotzdem auf einen Tagesdurchschnitt von 50 CHF geschafft haben, liegt zu einem nicht unerheblichen Teil an den hohen Eintrittsgebühren zu den archäologischen Stätten, die natürlich vor allem für Ausländer ziemlich hoch sind. Gesamthaft haben wir 359 CHF für Eintrittsgebühren ausgegeben, dies entspricht 9% unser Totalausgaben!
Trotz der negativen Seiten hat uns Peru sehr gut gefallen. Für uns ein Land der Gegensätze und Rekorde. Auch wenn die Fahrerei zuweilen anstrengend war, hat sich für uns jeder Kilometer gelohnt.

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