Peru - der Norden
Kurz vor der
Grenze treffen wir auf die Schweizer Cornelia und Jean-Francois aus dem
Waadtland mit ihrem Landcruiser. Ungeachtet des Verkehrs plaudern wir
übers Reisen, Gott und die Welt. Sie kommen vom Süden, so gibt es wie
immer viele Infos auszutauschen.
In Zumba finden wir die
einzige Tankstelle der Region und füllen beide Tanks bis zum Anschlag,
denn in Peru kostet der Diesel wieder das Vierfache wie in Ecuador. 250
Liter Diesel, dazu ein voller Wassertank, das schlägt auf die Federung
und dies auf der steinigen Schotterpiste.
Die Ausreise aus Ecuador ist die schnellste die wir je erlebt haben. La Balsa
ist ein verschlafenes Nest, nur selten verirrt sich ein Tourist
hierher. Stempel in Pass, zack, und der Herr vom Zoll nimmt nicht mal
die Füsse vom Schreibtisch, als er unsere Papiere entgegennimmt. Er
wünscht uns alles Gute, die Formalitäten würde er dann später erledigen…
uns solls recht sein, das ist eben Latinostyle.
Was wir in Ecuador
eingespart haben, schlägt Peru doppelt und dreifach wieder drauf. Der
Herr von der Einreise scheucht uns mit der immer gleichen Ausreise „no
sistema“ weg, damit er ungestört weiter mit seinem Mausi telefonieren kann. 40
Min. später ist er dann bereit uns zu empfangen. Als er Danis
vernichtendem Blick begegnet, murmelt er etwas von schlechter Verbindung
und dass er deswegen telefonisch reklamiert hätte, klar doch. Der Herr
vom Zoll ist dafür sehr zuvorkommend, doch unser Auto bereitet ihm
Kopfzerbrechen. Die Angaben passen einfach nicht in die Maske, immer
wieder spuckt das System Fehlermeldungen aus. Schliesslich hocke ich
mich zu ihm an den PC und wir versuchens gemeinsam. Nach über einer
Stunde pröbeln ist das Werk schliesslich vollbracht, wir freuen uns,
klatschen ab und der Zollbeamte öffnet den Schlagbaum, sichtlich
erleichtert dass er sich jetzt wieder seiner Telenovela widmen kann.
Wir fahren im Tal des Rio Utcubamba vorbei an unzähligen Reisfeldern nach Osten. Auf 500 Meter ist es uns einfach zu heiss, doch bis nach Jaen,
wo wir unsere Fahrzeugversicherung abschliessen müssen, ist es heute zu
weit. Zu der Hitze kommen noch die vielen Beissfliegen und wir
verbringen den Abend schmorend im eigenen Saft hinter dem Mosquitonetz
im Auto. Oh wie freuen wir uns auf die Bergwelt Perus!
Am Morgen
geht’s schon früh in die Stadt. Die Versicherung ist schnell
abgeschlossen, es folgt der erste Grosseinkauf und der Erwerb einer
neuen Claro-Simkarte, was in Peru erstaunlich einfach ist.
Das Dorf der Toten
Nun aber nichts
wie weg aus diesem Tal. Bei der ersten Möglichkeit biegen wir auf eine
Schotterstrasse hoch in die Berge. Unser Ziel ist das „Pueblo de los Muertos“, das Dorf der Toten. Hier handelt es sich um eine Begräbnisstätte der Chachapoyas der „Wolkenmenschen“ hoch in einer Felswand. Wenig ist bekannt über die mysteriöse Kultur. Die Chachapoyas
haben zur Zeit der Inkas hier im Norden Perus gelebt. Auffallend war
ihre Erscheinung. Gross und hellhäutig werden sie beschrieben. Die Inkas
ängstigten sich vor den Kriegern und bekämpften sie erbittert, es
gelang ihnen jedoch nie, die Chachapoyas ganz auszurotten.
Obwohl die Kultur nach dem Eintreffen der Spanier durch Krankheiten
weitgehend ausgelöscht wurde, finden sich in der Region noch wenige der
grossen, hellhäutigen Nachfahren der Chachapoyas.
Über eine 8 km lange Piste geht es hoch auf den Berg, an dessen Flanke sich die Begräbnisstätte befindet, hoch über dem Tal des Rio Utcubambas.
Durch das schlechte Wetter der letzten Tage ist die Piste schlammig und
rutschig, dazu hangseitig abfallend - kein gutes Terrain für unser
schweres Reisegefährt. Dani manövriert uns jedoch gewohnt sicher hoch
zum Parkplatz. Nun heissts Wanderschuhe schnüren, es geht auf den
ausgesetzten Pfad steil runter in die Felswand. Die Ruinen befinden sich
in einer Spalte, die stellenweise nicht mehr als als 2, 3 Meter in den Fels ragt. Wir
hangeln uns von Raum zu Raum und staunen wie hier gebaut wurde. An der
nächsten Felswand - für uns unerreichbar - die Sarkophage aus Lehm mit den
mumifizierten Gebeinen. Einige fielen Grabräubern zum Opfer, wurden
zerschlagen und die Knochen säumen den Hang - andere scheinen noch intakt
zu sein.
Auf dem Rückweg lenkt ein blühender Kaktus die
Aufmerksamkeit auf uns und während Dani die Kamera ausrichtet, bemerke
ich auf einem Felsvorsprung über uns weitere Sarkophage und einige
blanke Schädel. Unser Entdeckergeist ist nun vollständig geweckt und wir
erklimmen den Hang auf der Suche nach weiteren Relikten. Immer wieder
stolpern wir im steilen Terrain über Gebeine und Urnen, der Indiana
Jones in uns jubiliert. Als wir alles erkundet haben machen wir uns
zufrieden auf den anstrengenden Rückweg hoch zum Auto.
In der
Zwischenzeit hats geregnet und wir überlegen, ob wir die Nacht besser
hier oben verbringen, in der Hoffnung, die Piste trocknet über Nacht ab.
Nach langem Hin und Her bleiben wir - nichts ahnend, dass die
Entscheidung verheerend falsch sein sollte.
Es regnet die ganze
Nacht… Wir sind ratlos, doch irgendwann müssen wir ja von diesem Berg
runter! Erste vorsichtige Bremsversuche sind ernüchternd, es fährt sich
wie auf Schmierseife. Meter für Meter tastet sich Dani in der
Untersetzung und Minimal-Reifendruck voran, immer darauf bedacht, weder
rechts in den Graben zu rutschen noch links Richtung Abhang. In solchen
Situationen hält mich nichts im Auto. Mit der Kamera kämpf ich mich zu
Fuss durch den Schlamm, und bei jedem seitlichen Rutschen der Räder
setzt mein Herz ein paar Schläge aus. Doch Dani hat die Situation noch
immer im Griff, beherzt gibt er Gas wenn das Heck ausbricht, denn die
schlammigen Reifen zeigen sich völlig unbeeindruckt von jeglichem
Lenkmanöver seinerseits. Gefühlte Stunden brauchen wir für die 8 km
runter ins Dorf, trotz der Kälte sind wir durchgeschwitzt. Tico ist von
oben bis unten eingeschlammt, dasselbe gilt für meine Füsse, Crocs sind
zugegeben nicht unbedingt das beste Schuhwerk unter diesen Bedingungen.
Grinsend geben wir der völlig verdutzten Dame im Museum den Schlüssel
zur Ruinenstätte zurück und fahren durchs Dorf zur Tankstelle, wo wir
Tico vom Schlamm befreien und unseren bedenklich tiefen Reifendruck
wieder auf Pistenlevel bringen. Was für ein Abenteuer!
Kuelap - die Wolkenfestung der Chachapoyas
Natürlich ist es Sonntag, als wir uns auf den Weg nach Kuelap
machen. Wenn wir auf dieser Reise etwas gelernt haben zu hassen dann
Sonntage. Geschäfte und Ämter sind geschlossen, die Sehenswürdigkeiten
überlaufen, da ists in Lateinamerika nicht anders als überall sonst auf
der Welt.
Die Eingangshalle zur Seilbahn ähnelt dem Flughafen
Frankfurt bei Ferienbeginn. Wo kommen all die Menschen her? Wir dachten
es hätte kaum Touristen hier oben im Norden! Kuelap ist ein
verborgenes Juwel, respektive war es das, bis einer die clevere Idee
hatte, eine Seilbahn hoch zu bauen. Die Festung liegt nämlich schwer
zugänglich auf einem Berg, nur erreichbar über eine sehr weitläufige
Lehmpiste. Nicht mal die Spanier hatten die Festung entdeckt, dies nur
mal so am Rande…
Nun gut, jetzt sind wir schon mal hier, machen wir
das Beste daraus. Dani bleibt beim Auto, er scheint sich was eingefangen
zu haben und legt sich lieber hinten ins Auto mit seinem rumorenden
Bauch.
Die Fahrt mit der Seilbahn ist witzig. Meine Mitreisenden
fahren offensichtlich das erste Mal in einer Gondel, sie kreischen vor
Aufregung und verfallen jedes Mal in Ekstase, wenn eine andere Gondel
kreuzt. Von der Bergstation ist es noch eine halbe Stunde zu Fuss hoch
zur Festung. Diese hat gewaltige Ausmasse und eine imposante Stadtmauer,
die die ganze Anlage umfasst. Die Aussicht von oben wäre spektakulär,
doch der Himmel ist wolkenverhangen und verhindert die Weitsicht ins
Tal. Ob es nun das Wetter ist, der Spiessrutenlauf zwischen den
Touristengruppen oder der Umstand, dass ich mich um Dani sorge, auf
jeden Fall überwältigt mich die Stätte - die mich irgendwie an die Ruine
Pfeffingen erinnert - nicht wirklich, vielleicht liegt es auch an den
hohen Erwartungen, auf jeden Fall sitze ich schon bald wieder in der
Seilbahn auf dem Weg nach unten zu meinem zwischenzeitlich fiebrigen
Schatz.
Auch mir geht es mittlerweile nicht mehr so besonders und wir
steuern den nächstbesten Schlafplatz an. Es gibt kaum Campingplätze in
Peru, doch war es bisher kein Problem, freie Plätze in der Natur zu
finden, so auch heute.
Von Grabstätten und Mumien
Montezumas
Fluch trifft mich mit voller Wucht. Während Dani in seiner Erschöpfung
durchgeschlafen hat wie ein Toter, verbringe ich einen Grossteil der
Nacht draussen im Gebüsch, die Pausen dazwischen unten auf dem Notbett
damit ich jeweils schneller draussen bin. Am Morgen scheint jedoch das
Gröbste überstanden und wir beschliessen erstmal weiterzufahren. Revash ist eine weitere Begräbnisstätte der Chachapoyas.
Auch diese liegt versteckt weit oben in einer Felsspalte, hier wurden
allerdings richtige Häuschen gebaut für die Verstorbenen. Die 4
Kilometer vom Parkplatz ziehen sich brutal und unterwegs gehen mir die
Kräfte aus. Während Dani alleine auf Entdeckungstour geht, setz ich mich
zu einem Indiomütterchen vor ihre Hütte und schau ihr beim Weben zu.
Unterhalten können wir uns zwar nicht - Mamacita spricht vorwiegend
Quechua - trotzdem verstehen wir uns prächtig und die Zeit wird nicht
lange, bis Dani zurückkommt und mich zum Auto zurückschleppt. Am
Nachmittag sehen wir uns das Museum in Leymebamba an, um noch mehr über die mysteriöse Kultur zu erfahren. Hier werden alle Relikte und Mumien ausgestellt, die man an der Laguna Condor,
drei Tagesmärsche von hier, gefunden hat. Fast 200 Mumien fasst der
ideal temperierte Raum, in welchen wir durch ein grosses Glasfenster
schauen. Daneben wurde eine Grabstätte nachgebaut, damit man sich besser
vorstellen kann, wie das ausgesehen hat und wie die Mumien
gelagert wurden.
Nach so viel Kultur zieht es uns wieder in die
Natur. Offensichtlich hab ich meine Magen-Darm-Beschwerden noch nicht
überstanden und ich bin froh, haben wir ein schönes idyllisches Plätzli
gefunden mit einem klaren Bach zum Waschen.
Durch die Berge
Der weitere Weg
führt durch Berg und Tal durch die Anden. Kurven ohne Ende und nach
jedem Pass eine neue spannende Bergkulisse. Während Dani am Lenkrad
kurbelt erhole ich mich von einer weiteren schlaflosen Nacht und
geniesse die Aussicht.
Kurz vor Cajamarca besuchen wir das Santuario Virgen del Rosario.
Eine relativ neue Kirche, erbaut im Auftrag eines italienischen
Geistlichen. Das Imposante sind die riesigen bunten Mosaike die
biblische Szenen darstellen. Nicht nur das Innere der Kirche ist
aussergewöhnlich, auch der Innenhof ist mit Mosaiken, Gemälden und
anderen Kunstfertigkeiten aufwändig gestaltet und begeistert uns sehr.
Nach Cajamarca
treibt uns eigentlich vor allem der leere Kühlschrank. Nach einer
Stunde herumirren im riesigen Shoppingcenter bin ich bereits wieder am
Ende meiner Kräfte, denn noch immer hält mich Montezuma fest im Griff.
So beschränken wir die Stadtbesichtigung auf einen Bummel rund um die
Plaza de Armas, wo sich sowiso die wichtigsten Kolonialbauten befinden
und fahren danach wieder raus in die Weite der Natur.
Marca Huamachuco
Noch immer sind wir
tief in den Zentral-Kordilleren und auch der weitere Weg durch die Anden
ist von viel Auf und Ab, Kurven und Pässen gekennzeichnet. Wir
geniessen die Fahrt durch die Eukalyptuswälder und vor allem das schöne
Wetter, welches zwischenzeitlich zurückgekehrt ist und die Bergwelt zum
Leuchten bringt. Obwohl wir viel fahren, scheinen wir uns nicht vom
Fleck zu bewegen, nur die Tankanzeige verrät die wahren Distanzen, denn
noch immer zehren wir vom Ecuadordiesel. Auffallend ist jedoch, dass die
Strassen in Peru sehr moderat ansteigen, keine halsbrecherischen Auf-
und Abfahrten wie wir sie aus Kolumbien und teilweise aus Ecuador
kennen.
Eine äusserst interessante Abwechslung bietet der archäologische Komplex Marca Huamachuco.
Mit dem Auto kann man bis fast zur Ruinenstätte hochfahren, die
strategisch gut oben auf einem Hügel liegt. Die Anlage auf 3‘500 Meter hat
gewaltige Ausmasse, ist über 3 km lang und von einer fast 10 km langen
Stadtmauer umgeben.
Es gibt noch viel zu tun hier und es ist noch
lange nicht alles ausgegraben, doch die Gebäude sind mit Tafeln
ausführlich beschriftet und wir haben sogar eine Broschüre erhalten,
bisher einmalig in Lateinamerika und dies bei kostenlosem Eintritt! Wir
haben die Anlage für uns alleine und schlendern während zwei Stunden
herum. Diesmal passt das Wetter und auch die Aussicht ist phantastisch.
Auf dem Rückweg begegnen wir einer Schulklasse mit ihren Lehrern. Sofort
werden wir von den Schülern in Beschlag genommen und auch die Lehrer
wollen wissen woher wir kommen und wie uns die Region gefällt.
Auf unserem Panoramaplatz können wir gleich campen und am nächsten Morgen einen wolkenlosen Sonnenaufgang erleben.
Faszinierende Canyons
Auch die
nächsten Tage geht’s nur auf und ab, spektakuläre Schluchten und
Panoramen, wir ersparen Euch die Einzelheiten und lassen die Bilder
sprechen.
Hervorzuheben ist auf jeden Fall der Canon Tablachaca, der uns mit seiner Weite und der Steppenvegetation etwas an Utah erinnert und die Ruine „La Galgada“,
eine der ältesten Perus. 4000 Jahre alt und noch immer existieren
Tunnel und unterirdische Räume, und dies obwohl nichts abgesperrt oder
geschützt ist, beeindruckende Baukunst. Trotzdem bin ich froh, dass Dani
so vernünftig ist und aufs Herumkrabbeln in den Tunnels verzichtet, so
ganz geheuer ist mir die Sache nämlich nicht.
Durch eine weitere abenteuerliche Fahrt durch den einspurigen Canon del Pato (Entenschlucht) mit seinen 46 Tunneln erreichen wir schliesslich Caraz, das Tor zur Cordillera Blanca
mit den höchsten Gipfeln Perus, ja ganz Amerikas. 18 Gipfel sind höher
als 6‘000 Meter, weitere über 50 Gipfel höher als 5‘700 Meter und wir werden uns
die meiste Zeit zwischen 3‘500 und 4‘500 Meter befinden, mal sehen wie Tico
diese Höhen meistert!
In Caraz steuern wir zuerst den Camping Guadaloup
an, ein bekannter Overlander Treffpunkt. Tatsächlich sitzen schon ein
paar Exemplare beim Feierabendbier zusammen und wir lernen den Basler
Philippe und ein französisches Paar kennen. Der Camping bietet eine gute
Infrastruktur und wir legen erstmal einen Pausentag ein um uns wieder
etwas zu sortieren und einen cleveren Weg durch die Cordillera Blanca zu eruieren.
Bei den Höchsten
Der Wetterbericht
für die ganze nächste Woche ist schitter bis bewölkt um es nett
auszudrücken, das kann man wenden wie man will. So gut es uns in Caraz auch gefällt, so lange wollen wir nicht warten. Früh am nächsten Morgen geht’s hoch zur Laguna Paron.
Serpentine für Serpentine schrauben wir uns der Felswand entlang 2'000 Meter in die Höhe auf fast 4'200 MüM, wird sich die Sonne für uns zeigen?
Tatsächlich sehen wir auf einem Spaziergang um den See die ersten 6'000er
zwischen den Wolken, doch die Sonne steht noch zu wenig hoch um die
Lagune in das smaragdfarbene Licht zu tauchen, wofür sie so bekannt
ist. Bevor sich unser Wetter-Zeitfenster ganz schliesst, fahren wir
wieder runter nach Caraz, gönnen uns ein leckeres peruanisches Menu und fahren gleich weiter nach Yungay, dem Ausgangspunkt zur Laguna Llaganuco,
hoch in der Cordillera Blanca. Es ist noch früh und wir fahren ein
Stück hoch in die Berge. In einer Serpentine erblicken wir plötzlich ein
Schild der Brauerei Sierra Andino. Wir fahren ein Stück in die alte
Strasse hinein und tatsächlich steht da ein Container, ein paar Tische
und Stühle. Ein Tap House in the middle of nowhere? Tatsächlich, im
Container stehen zwei Jungs hinter ein paar Zapfhähnen und grinsen uns
an, wer könnte da widerstehen? Wir probieren uns durchs Sortiment, und
da es zwischenzeitlich zu regnen begonnen hat, bleiben wir grad sitzen,
jeder bei seiner Lieblingssorte. Praktischerweise können wir grad in der
alten Strasse campen, denn fahren unter Alkohol ist nicht unser Ding. Zur
Nacht zieht ein eisiger Wind auf und es wird kalt. Wir haben Mitleid
mit den beiden Jungs, die hinter dem Container in Zelten übernachten und
kuscheln uns tief in unsere warmen Decken.
Am nächsten Morgen
strahlt die Sonne und wir nutzen das Zeitfenster, um einen weiteren
Abschnitt der Cordillera zu entdecken. Wieder bezahlen wir die 10 Soles
pro Person am Eingang zum Huascaron Nationalpark und fahren hoch zu der Laguna Llaganuco. Erstmals taucht der 6'768 Meter hohe Nevado Huascaron
- der höchste Berg Perus vor uns auf. Hinter der Lagune liegt ein
Campingplatz, und wir sehen die Autos von Philippe und den Franzosen
schon von weitem. Diese scheinen jedoch noch in den Federn zu liegen, so
rollen wir weiter. Die dreistündige Wanderung zur Laguna 69
streichen wir schweren Herzens. Schon brauen sich die Wolken wieder
zusammen und wir wollen das schöne Wetter nutzen, um die Aussicht vom
Pass zu geniessen. Wieder schrauben wir uns Serpentine für Serpentine
hoch, in jeder Kurve scheinen die gewaltigen Berggipfel noch näher, die
beiden Gipfel des Huascaron scheinen zum greifen nah - so hoch
oben waren wir noch nie! Tico scheint mit dem Peru Diesel gut klar zu
kommen und bringt uns zuverlässig über die holprige und teils noch
schlammige Piste hoch auf 4'670 Meter. Kaum über den Pass wars das dann mit
dem schönen Wetter, doch wir können mehr als zufrieden sein. Wir rumpeln
den Berg runter bis nach Yanama und biegen auf eine Dirtroad ab, wo wir
uns in einem abgelegenen Tal einen Schlafplatz suchen.
Es geht noch höher…
Am nächsten Morgen erstrahlt die Bergwelt von neuem und wir sind bereit für eine weitere Überquerung der Cordillera Blanca. Diesmal geht’s auf Teer hoch bis zum Punto Olimpico
auf 4‘736 Meter. Die alte Passstrasse ist heute leider nicht mehr
durchgängig und wurde durch einen Tunnel ersetzt. Wir fahren aus dem
Tunnel und da liegen sie erneut vor uns, die schneebedeckten Giganten
der Cordillera Blanca. Auch von der Südseite ist der Nevado Huascaron majestätisch anzusehen.
In
vielen Kurven geht’s auch hier wieder runter und wir fahren durch ein
breites Tal. Immer wieder halten wir an für Fotos und so erreichen wir
Huaraz, die grösste Stadt in der Cordillera Blanca erst am frühen Nachmittag. Huaraz
liegt inmitten zahlreicher 6‘000er in einer grandiosen Kulisse. Für
Fotos hatten wir leider keine Zeit, der Verkehr ist unglaublich hektisch
und wir müssen uns beide konzentrieren, da wir für die peruanischen
Verkehrsteilnehmer mitdenken müssen, da diese offenbar nicht übers
Lenkrad hinaus denken können. Erst als wir Huaraz hinter uns gelassen
haben können wir aufatmen und uns um etwas zu essen kümmern. Erstmals
bestellen wir Cuy (Meerschweinchen) doch es ist enttäuschend. Komplett
mit Nagezähnen und Krallen kommt es etwas unappetitlich daher, das
wenige Fleisch schmeckt nicht besonders und wir verlassen das Restaurant
mit noch immer halbleerem Magen, und dies für einen exorbitanten Preis
für peruanische Verhältnisse. Wir haken die Operation Cuy ab und fahren
gerade noch rechtzeitig vor dem Regen bei Pachacoto aus dem Tal des Rio Santa
ins nächste Seitental, dem Ausgangspunkt für unsere morgige Strecke.
Der Himmel verfärbt sich ungesund gelb und gerade noch rechtzeitig vor
dem Hagel haben wir einen ebenen Platz in der Prärie gefunden und uns
für eine weitere kühle Nacht in den Bergen eingerichtet.
Die grösste Bromelie der Welt und andere Rekorde
Auch
am nächsten Morgen ist uns das Wetter wieder hold, wir können unser
Glück kaum fassen und blinzeln verschlafen in die Sonne, während das
Thermometer frostige 1 Grad anzeigt. Durchs Tal schlängelt sich der Weg
hoch und wir fahren zum Dritten und letzten Mal in den Huascaron Nationalpark. Bald kommen sie in Sicht, die Puya Raimondii,
die grösste Bromelienart der Welt, zu welchen übrigens auch die Ananas
gehört. Sie kann bis 12 Meter hoch werden! Die Pflanze muss schon sehr alt
werden (ca. 65 Jahre) bis sie die immensen Blütenstauden ausbildet, aus
welchen nur einmal, dafür für mehrere Monate, Tausende Blüten entspringen
die Kolibris und andere Vögel anziehen. Sind alle Blüten verblüht,
stirbt die Pflanze, die 100 Jahre alt werden kann, für immer ab. Im
Moment blüht leider gerade keine der Pflanzen, aber trotzdem sind sie
ungeheuer imposant diese Puya Raimondii.
Es geht immer
höher und bald haben wir unseren Höhenrekord bereits zum dritten Mal in
wenigen Tagen geknackt. Vom Parkplatz auf 4‘800 Meter laufen wir hoch zum
Pastorouri-Gletscher auf über 5‘000 Meter - diesmal ein Höhenrekord für uns.
Wir scheinen langsam gut an die Höhe angepasst, keiner von uns hat Anzeichen von Höhenkrankheit oder Mühe
in dieser Höhe zu laufen. Es ist
erschreckend zu sehen, wie weit sich der Gletscher in den letzten
Jahrzehnten zurückgezogen hat und was noch davon übrig ist. Trotzdem
lassen wir uns das Beweisfoto nicht vermiesen, zumal die Sonne grad noch
scheint, man weiss ja nie hier oben. Wir haben die bezaubernde
Landschaft ganz für uns alleine, und erst als wir schon fast zurück beim
Parkplatz sind, treffen die ersten Touribusse und Pferdeführer ein.
Wir
haben die Passhöhe allerdings längst noch nicht erreicht, ab hier wird
die Piste deutlich schlechter, denn die Meisten kommen von Westen hier
hoch und fahren auch wieder dahin zurück. Wir wollen aber auf die andere
Seite und überqueren deshalb den Pass bei knapp 4‘900 Meter. Dani hat die
Einspritzdüse nochmals etwas zugedreht und Tico schafft die Höhe zwar
mit deutlich weniger Leistung, aber auch mit weniger Stottern und
Rauchen. Auf der anderen Seite geht’s runter nach La Union. In einem Restaurant machen wir Pause bei einer währschaften Suppe und Lammeintopf, bevor wir zur Ruinenstätte Huanuco Pampa hochfahren.
Huanuco Pampa
Die Anlage liegt auf
einer Hochebene und zeigt verschiedene Stilrichtungen. Wir schlendern
durch die Anlage, sind aber weitaus mehr fasziniert von der Landschaft
ringsum. Wir können gleich vor der Anlage übernachten, umringt von
Kühen, Schafen und Pferden. Wir lassen den Abend mit den letzten zwei
Flaschen Sierra Andino ausklingen und stossen an auf neue Rekorde,
unbezahlbare Eindrücke und unser zuverlässiges Reisegefährt, das uns
sicher durch jedes Abenteuer begleitet.
Nun freuen wir uns auf einige
Tage im Altiplano - wie die Hochebenen in den Anden genannt werden -
bevors nach Wochen in den Bergen einmal mehr runter an die Küste geht.