Namibia 1 - der Süden

Mit Vollgas ins Abenteuer Namibia
Die Einreise klappt tatsächlich wie am Schnürchen. Formular ausfüllen, Foto machen, zack - das 3-Monatsvisum ist im Pass. Dann noch die Road Tax bezahlen und gut ist, das Carnet de Passage interessiert niemanden. Bei der Ausfahrt nochmals eine Kontrolle: das Carnet de Passage bitte! Also doch... Der Beamte blättert wo es nichts zu blättern gibt und fragt: „habt ihr das Carnet nicht einstempeln lassen?“ (leichte Herzfrequenzsteigerung meinerseits...) Wir verneinen und erklären ihm, dass Südafrika auch nicht ausgestempelt habe weil wir uns innerhalb der Südafrikanischen Zollunion bewegen. Der Beamte nickt und ist zufrieden, nun denn!
An der ersten Tankstelle kaufen wir eine MTC-Simkarte. Die sympathische Dame deutet meinen etwas hilflosen Blick richtig und meint „geben Sie mir ihr Handy, ich richte das für Sie ein, M'am..“ Derweil will ich am Bancomat Namib-Dollar holen, doch der spuckt munter südafrikanische Rand aus. In Namibia kann man mit beidem bezahlen erklärt mir die Dame, der Wert ist derselbe... 
Da wir unsere Frischwaren vor der Grenze brav aufgegessen haben, steuern wir gleich die erste Siedlung an. Ausserkehr besteht aus einer stattlichen Ansammlung von Strohhütten, umgeben von Weinreben bis hinunter zum Oranje. Die Leute hocken vor den Hütten oder lungern vor der kleinen Einkaufsmall rum – ja so was hats hier tatsächlich. Wir werden lediglich neugierig beäugt, Touristen ist man in Namibia gewöhnt. Jetzt gibts nicht viel zu tun für die Leute, erst zur Weinlese werden sie wohl wieder Arbeit auf den Farmen bekommen.Der kleine Spar hat so gut wie keine Frischwaren, dafür ein beachtliches Sortiment an Chips, Keksen und Süssgetränken, es ist ernüchtern nach dem Schlaraffenland Südafrika. Nun gut, das kennen wir ja schon von Südamerika, Improvisation ist mein zweiter Vorname ;-). 
Im recht gut besuchten Modegeschäft gibts viele elegante Kleider und Schuhe und wir wundern uns, wer so was hier in der Wüste wohl trägt. Wir werden schliesslich doch noch fündig und können ein paar unserer abgetragendsten Sachen ersetzen. Beim Auto hat sich eine Gruppe Kinder eingefunden und beim Verräumen der Sachen höre ich ein zögerliches Breeeik eee weiiii – Break a way! Ich streck den Kopf aus dem Auto und frage forsch: wer war das? Die Kinder treten scheu zurück, nur der Kleinste tritt vor und meldet sich tapfer. „Gut gemacht Kleiner, Du hast Dir soeben ein paar Bonbons verdient!“ Stolz nimmt er die Tüte und fast hätt ich noch angemerkt: „Pass weiter so gut auf in der Schule“ Ich verkneif mir den Rat dann doch, denn die beruflichen Perspektiven dürften hier am A... der Welt auch so eher bescheiden sein.


Wellness in der Wüste
Nach einer sternenklaren Nacht in einem einsamen Canyon – welche trotz einer in der Nähe hausenden Pavianfamilie erstaunlich ruhig war, begeben wir uns auf direktem Weg auf die Touristenroute. Wir wollen den heissen Quellen von Ai-Ais (übersetzt brennendes Wasser) einen Besuch abstatten. Für weniger als einen Kaffee kann man sich hier den ganzen Tag in den warmen Thermalpools verweilen, die Spabehandlungen exklusiv versteht sich. Die 65°C heisse Quelle speist die In- und Outdoorpools mit verschiedenen Temperaturen, so dass jeder in seiner Wohlfühltemperatur vor sich in schmoren kann. Im Sommer, wenn die Umgebungstemperatur bei knapp 50°C liegt, soll das Wasser zu heiss zum Baden sein, jetzt im Winter kühlt es jedoch perfekt auf ca. 40°C ab. Die Anlage gefällt uns sehr gut und wir geniessen das warme Nass fast alleine. Auch der Campingplatz, wo wir unsere Wasservorräte auffüllen ist fast verwaist, die Sommerferien in den USA und Europa scheinen zu Ende zu sein, das ist uns mehr als recht.


Der Grösste, Tiefste oder Breiteste?
Gerade richtig zur Mittagssonne erreichen wir den Fish River Canyon, der zweitgrösste Canyon der Welt. Das habt ihr schon mal gelesen bei uns? Richtig, wir haben uns auch gefragt, beim wievielten zweitgrössten Canyon der Welt wir inzwischen schon waren. Offenbar sind die Kriterien hier dynamisch, je nachdem ob man nun die Grösse anhand der Ausdehnung, des Volumens, der Breite oder der Tiefe des Canyons berechnet. Der Fish River zieht sich über 130 km bis hinunter zum Oranje und hinterlässt eine spektakuläre Canyonlandschaft. Von verschiedenen Aussichtspunkten kann man in das Schluchtensystem sehen und die immer wieder neuen Perspektiven auf sich wirken lassen. Hier hats schon ein wenig mehr Touristen, die im perfekten Safarilook in ihren Mietoffroadern mit Dachzelten auf der schlechten Schotterpiste herumholpern. Der Canyon ist beeindruckend, doch unsere Nr. 1 ist noch immer unangefochten die Barrancas del Cobre (Kupfercanyon) in Mexico.
Zurück auf der Hauptroute halten wir beim berühmten Canyon Roadhouse. Die alte Werkstatt beheimatet heute eine Bar und ein kleines Restaurant. Die Tische sind um Oldtimer und antike Maschinen gruppiert, am besten gefällt mir natürlich die toll erhaltene Mercedes Benz-Ambulanz, solche gabs damals auch in Basel :-). Im Garten stehen noch weitere schöne Raritäten, manche schon so lange, dass Bäume aus dem Inneren wachsen und so zu einer originellen Dekoration geworden sind.

Mittlerweile steht die Sonne schon tief über der kargen Wüstenlandschaft und wir suchen uns einen Platz im weiten Buschland. Noch immer haben wir keine Einkaufsmöglichkeit gefunden und so brutzeln wir halt die letzte Boerewoer (Bauernbratwurst) mit ein paar Bratkartoffeln, bevor wir uns ans Aussortieren von mindestens 100 Fotos machen.


Camping auf der Farm
Wir haben gut geschlafen trotz nächtlichem Zebrabesuch und machen uns auf den Weg zur Farm Whithuis (weisses Haus) in der Nähe von Grünau. Auch Grünau ist einkaufstechnisch eine Enttäuschung, wenigstens finden wir im Tankstellenshop Milch und ein paar Droewoers (getrocknete Boerewoer, könnt ihr noch folgen?) und leckeren Biltong. Das geschichtsträchtige Whithuis wurde 1912 hier im kargen Farmland erbaut und wird bereits in 3. Generation von der Familie de Wett bewirtschaftet. Mittlerweile hat sich die Familie ein modernes Wohnhaus nebst Umschwung gebaut, doch das Whithuis dient noch heute als Gästehaus und dahinter liegt auch der schöne Campplatz. Wir suchen uns den schönsten Platz unter zwei Kameldornen – die einzigen Bäume die hier wachsen - und nach dem Einrichten zeigen uns die sympathischen Hausmädchen Maria und Rosalie das alte Gebäude. Alles ist noch genau wie damals, die edlen Frisierkommoden mit den Waschschüsseln, ein alles Kofferradio, der Holzherd von anno dazumals und der vermutlich erste Elektrolux-Kühlschrank – alles musste damals von Deutschland via Lüderitz auf dem Seeweg importiert werden. Natürlich gibt es inzwischen top moderne Bäder zu jedem Zimmer, doch das Ambiente ist immer noch authentisch. Wir geniessen die Abgeschiedenheit hier in der Steppe und unternehmen einen langen Spaziergang auf dem eigens angelegten Wanderweg durch die Felsen und auf einen Aussichtshügel. Wir sind mal wieder völlig alleine auf dem Platz und haben das hübsche Badezimmer mit der heissen Dusche für uns alleine. Es gefällt uns so gut, dass wir gleich einen Ruhetag einlegen. Wie immer ist dieser allerdings erfüllt von Wäsche waschen, Brot backen, Reisebericht hochladen, Servicearbeiten an Tico und Übungsflügen mit „Vroni“, so dass wir eigentlich einen weiteren Ruhetag bräuchten. Apropos Reisebericht: Internet ist ein ganz leidiges Thema seit wir wieder unterwegs sind. Sehr spärlich vorhanden, notorisch instabil, langsam und nicht selten sogar kostenpflichtig! Wir kommen uns vor wie damals vor 20 Jahren beim Backpacken, als wir stundenweise im Internetcafé unsere Mails gecheckt haben. So gestaltet sich das Hochladen der Fotos zur Nervenprobe, sprich: da immer nur wenige Fotos auf einmal hochgeladen werden können, sprinte ich zwischen Laptop und Wäsche hin und her, ja so geht der Tag auch rum, Hauptsache, am Schluss ist der Bericht drauf und die Wäsche sauber im Schrank!
Für den zweiten Abend haben wir Essen bestellt und fast pünktlich um 19.00 Uhr wird dieses per Auto vom 3 km entfernten Haupthaus geliefert. Wir bekommen ein gigantisches Tablett welches sich unter den Speisen biegt, von Lammkottelettes über Bratkartoffeln, Gemüseauflauf, Wildpastete, Chutneys, Salat und noch warmem Applecrumble zum Nachtisch, da bleibt noch genügend für morgen vor und superlecker ist es auch noch.
Bevor wir uns etwas schweren Herzens von der Farm und ihren Bewohnern verabschieden, decken wir uns noch mit farmeigenem Fleisch ein - ein paar Springbockfilets und ein Pack Kudu/Lammhack finden den Weg in unseren noch immer alarmierend leeren Kühlschrank. Noch eine letzte herzliche Umarmung von Maria, Rosalie und ihrer lustigen Mutter Martha und wir dürfen weiterziehen – was für ein Highlight!


Zurück zum Oranje-River
Wir haben die Wüstenblüte noch nicht ganz abgeschrieben und fahren zurück nach Süden zum Ai-Ais/Richtersveld Nationalpark. Wieder führt die Strecke durch den schönen Canyon und weiter entlang des Oranje-Rivers. Wir campen direkt am grünen Ufer des Flusses und sehen beim Apero den Fischern zu. Heute gibts Kudu-Hacktätschli nach Mamis Art und den letzten Tropfen südafrikanischen Pinotage, hoffentlich finden wir morgen was zum Einkaufen...
In der Nacht hats tatsächlich etwas geregnet. Das bisschen Feuchtigkeit hat gereicht, um die Lilien, die gestern noch geschlossen und schlaff am Boden lagen, erblühen zu lassen, also doch noch etwas Wüstenblüte.
Bei verhangenem Himmel und Nieselregen geht die Fahrt weiter entlang des Oranje, doch leider können wir ihm nicht mehr lange folgen, denn jenseits der Hauptstrasse von Sendelingsdrift hoch nach Aus ist die ganze Gegend Sperrgebiet da hier noch aktiv nach Diamanten gegraben wird. In der Minenstadt Rosh Pinah dann endlich der ersehnte Spar. Ich schwebe glücklich durch die Gemüseauslage und fühl mich ein klein bisschen wie Alice im Wunderland. Quer Beet landet alles im Einkaufswagen, Platzverhältnisse, Kühlmöglichkeiten, alles vergessen... Vor dem Auto wartet mein Schatz, eine Augenbraue leicht angehoben angesichts der unerwarteten Zuladung. Ja, der Kauf des 4 Kilo-Kohlkopfs war wohl etwas übertrieben, wenn ich nur wüsste was ich damit anstellen soll...
Voll aufmunitioniert mit Diesel und Vorräten gehts weiter. Die D463 ist eine Schotterpiste und führt durch schöne Steppenlandschaft entlang der Westseite des Fish-River-Canyons, inklusive Sicht auf die imposanten Tafelberge. Mittlerweile haben sich auch die letzten Wolken verzogen und blauem Himmel Platz gemacht. Leider ist auch in dieser Region vieles eingezäunt und die Schlafplatzsuche gestaltet sich einmal mehr schwierig. Zum Glück ist die Gegend sehr einsam und wir sehen weder durch den Tag, noch am Abend von unserem Platz unweit der Strasse auch nur ein Auto. Dafür frieren wir seit langem wieder einmal nachts, denn das Hochplateau liegt auf über 1'500 Meter und am Morgen ist doch tatsächlich das Ventil unseres Wassersacks eingefroren!


Auf nach Lüderitz und den Anfängen von „Deutsch-Südwest-Afrika“
Die Strasse zur Hafenstadt Lüderitz ist schnurgerade und führt vom Plateau auf 1'500 Meter runter auf Meereshöhe. Auf dem Weg machen wir den kurzen Abstecher zur Garub-Pfanne, wo eine Herde Wildpferde leben soll. Die Tiere sind eine Kreuzung aus zurückgelassenen Armeepferden der Deutschen Schutztruppe nach dem ersten Weltkrieg und solchen der Südafrikanischen Armee. Erstaunlich ist, wie sich die Herde an das Leben in der kargen Halbwüste angepasst hat und über 80 Jahre unentdeckt überleben konnte. Seit 10 Jahren existiert eine Stiftung, die eine permanente Wasserstelle eingerichtet hat und die Tiere in Dürrezeiten mit Stroh versorgt.
Aufgrund der Wasserstelle und der trotz Hinweisschildern uneinsichtlicher Touristen, die die (ver)wilderten Pferde füttern, lebt nun ein Grossteil der Herde permanent hier und ist auch recht zutraulich. Für uns etwas enttäuschend, auch wenn sich Geschichte der wilden namibischen Wüstenpferde gut liest und somit auch in diesem Reisebericht erscheint ;-)
Lüderitz ist eine geschichtsträchtige kleine Hafenstadt. 1884 errichtet vom Bremer Tabakhändler Adolf Lüderitz, wurde der Ort im Jahr darauf Teil der Deutschen Kolonialgesellschaft Südwestafrika. Noch immer sind die Strassennamen deutsch, einige Häuser auch aber die erwartete Atmosphäre will sich irgendwie nicht einstellen. Liegt vielleicht auch am schlechten Mittagessen und dem Umstand, dass nach demselben alle Geschäfte die Schotten dichtgemacht haben aufgrund irgendeines Feiertags, wie man uns an der Tankstelle verrät. Wir sehen uns die bekannten Gebäude also lediglich von aussen an und besuchen dafür das Diaz Cross auf der Halbinsel südlich der Stadt, welches vom ersten portugiesischen Eroberer vor über 500 Jahren hier errichtet wurde. Mittlerweile fegt ein starker Wind über die sandige Halbinsel und wir machen uns ernstlich Gedanken um einen geschützten Schlafplatz. Wir erkunden auf sandigen 4x4-Tracks die einsamen Buchten und Felsen der Halbinsel, während Tico von peitschenden Böen sandgestrahlt wird genau wie wir, wenn wir eine der Sackgassen zu Fuss erkunden. Schlussendlich finden wir doch noch einen halbwegs windgeschützten Platz in einer Bucht und verkriechen uns etwas genervt in unserem „Wohnzimmer“, wer rechnet hier denn auch mit patagonischen Verhältnissen!


Besuch der Ghost Town Kolmannskuppe
Am Morgen hat sich das Wetter wieder beruhigt und wir erkennen erst jetzt, an was für einem idyllischen Plätzchen wir hier gelandet sind. Doch wir haben keine Zeit zum Verweilen, heute haben wir mal ein straffes Programm. Erst gehts zum Touristenmagneten Nummer eins hier, nämlich dem Spar. Entlang der Touristenroute nach Norden sind die Einkaufsmöglichkeiten äusserst spärlich, so trifft man sich hier zum aufmunitionieren für alles, was man in der „Wildnis“ brauchen könnte. Im Nationalpark-Office wollen wir uns über den Namib-Naukluftpark erkundigen, doch die diensthabende Dame weiss darüber in etwa gleich viel wie die Theke, auf die sich stützt. Na, das war wohl nichts, danke und auf Wiedersehen!
Wir verlassen Lüderitz und fahren raus zur Geisterstadt Kolmannskuppe. Im Jahre 1908 wurden hier von Eisenbahnarbeitern die ersten Diamanten entdeckt, offenbar lagen diese einfach so in der Wüste, man konnte sie nur einsammeln. Kurzerhand wurde die ganze Region wie schon erwähnt in ein riesiges Sperrgebiet umfunktioniert und Schürfrechte vergeben. Innert wenigen Jahren entstand hier in der unwirtlichsten Gegend die man sich vorstellen kann eine Stadt mit hochherrschaftlichen Häusern, so modern und luxuriös wie es zu dieser Zeit nur möglich war. Baumaterial und Möbel kamen mit dem Schiff von Deutschland via Lüderitz, das Wasser und die Dinge des täglichen Lebens mit der Eisenbahn vom 1'000 km entfernten Kapstadt! Die Menschen lebten in Saus und Braus, hielten Bälle und Konzerte, ja sogar eine Kegelbahn war in Betrieb. Jede Familie erhielt täglich eine Stange Eis für den Kühlschrank aus der Eisfabrik und im Krankenhaus stand der erste Röntgenapparat Afrikas, ja der ganzen Südhalbkugel. Das dieser nicht nur für Knochenbrüche angeschafft wurde versteht sich von selbst. Noch heute werden die Minenarbeiter beim Verlassen der Mine strengstens kontrolliert und sporadisch durch den Scanner geschickt. Man weiss nicht genau, was mit den verdächtigten Schmugglern geschieht, aber vermutlich ist jede Menge Rizinusöl im Spiel wie uns Gisela, unser Guide schmunzelnd erzählt. Tatsächlich erfahren wir auf der Führung durch die Geisterstadt viele spannende Details und können einige der Gebäude und Anlagen noch besichtigen. Bis 1930 galt Kolmannskuppe mit ihren 400 Einwohnern als reichste Stadt Afrikas, dann wurde der Diamantabbau eingestellt und weiter in den Süden verlagert. Die Menschen verliessen den Ort nach und nach und überliessen ihn der Wüste. Alle Gebäude die nicht vollständig verschlossen waren sind heute versandet.
Wir sind nicht erstaunt, dass die Führung auch auf deutsch angeboten wird. Zum einen sprechen viele Ältere noch deutsch, zum anderen ist auch die Mehrheit der Touristen hier aus Deutschland. Der Parkplatz ist voller Miet-Pickups und man hört deutsch, wohin man sich auch wendet. Tatsächlich sind von der ganzen Gruppe nur zwei englisch sprechende Touristen, dieses erhalten somit eine Privatführung. Nach der Führung dürfen wir uns in Ruhe selbst umsehen und wir entdecken in den Ruinen viele schöne Fotomotive.
Am Nachmittag fahren wir gemütlich zurück nach Aus, einem ehemaligen Gefangenenlager nach dem ersten Weltkrieg. Wir besuchen den hiesigen Friedhof, wo Deutsche Gefangene und ihre Südafrikanischen Aufpasser gemeinsam bestattet sind, die meisten Opfer der Spanischen Grippe von 1918 und allesamt jünger als 25!
In der Nähe finden wir einen wunderschönen Campplatz wo wir die letzten Sonnenstrahlen geniessen, die Beine hochlagern und das verdiente Feierabendbier geniessen.


Sessriem und die Dünen von Sossusvlei
Die Dünnen von Sossusvlei gehörten zu den grössten der Welt. Den Run auf das berühmte Sonnenaufgangsfoto oben auf der höchsten Düne machen wir allerdings nicht mit. Dieser Luxus ist mittlerweile den Gästen der Nationalpark-Lodge vorenthalten, die dafür auch kräftig zur Kasse gebeten werden.
Wir übernachten unweit des Nationalparks und sind somit die Ersten, die um halb sieben im Dunkeln vor dem Gate in Sessriem stehen. Nur Minuten später hat sich hinter uns eine lange Schlange von Mietoffroadern gebildet. Das Personal am Gate lässt sich hiervon nicht aus der Ruhe bringen und öffnet die Tore just zum Sonnenaufgang kurz nach sieben. Wir machen Platz und lassen die ungeduldigen Kurzurlauber an uns vorbei ziehen. 60 km feinste Asphaltstrasse zieht sich hinein in die Wüste. Die Dünen werden immer zahlreicher und höher, während das Morgenlicht den roten Sand zum Leuchten bringt. Der Asphalt endet an einem grossen Parkplatz. Wer keinen 4x4 hat oder sich die Fahrt durch den Tiefsand nicht zutraut, der kann hier für 50 Namib-Dollar (ca. 3.50 CHF) in einen der Nationalpark-Jeeps umsteigen, der einen auf abenteuerlicher Fahrt nochmals 4 km weiter ins Dünenfeld bringt - dem Ausgangspunkt zur Wanderung in die Salzpfanne des Deadvleis und hoch auf die „Big Daddy“, der höchsten Düne im Sossusvlei.
Wir haben erstmal gar nichts dergleichen im Sinn. Wir parkieren Tico auf dem vorderen Parkplatz und wandern gemütlich und ganz alleine zum Hiddenvlei, einer weiteren malerischen Salzpfanne, die allerdings fast 3 km entfernt und somit weniger im Kurs der Tagestouristen liegt. Wir geniessen den kühlen Morgen und die Stille und lassen uns einmal mehr von der Wüste verzaubern. Die Dünen erinnern mich sehr an jene in Tunesien, die wir auf unserer Saharaexpedition 2006 mit den Enduros bezwungen haben, unglaublich wie lange das schon her ist...
Lange sitzen wir auf dem Dünenkamm und steifen durch die Salzpfanne und erst als die Sonne schon hoch steht und die Kontraste langsam verschwinden, machen wir uns auf den Rückweg. Nur weit entfernt haben wir eine kleine Gruppe Touristen gesehen. Zurück auf dem Parkplatz trifft uns fast der Schlag. Kaum ein Platz ist noch frei und die Jeeps karren unentwegt Touristen nach hinten, wie wirds dort wohl aussehen? Natürlich lassen auch wir uns den 4 km Sandspass nicht entgehen und Dani manövriert Tico mit gewohnter Routine durch den Tiefsand. Obwohl die meisten Sonnenaufgangstouristen wohl inzwischen wieder auf dem Rückweg sind, ist hinten die Hölle los. Wir laufen zum Deadvlei und staunen über die Touristenmassen, die sich hier die Klinke in die Hand geben. Wie auf einer Ameisenstrasse laufen die Menschen noch immer hoch auf die „Big Daddy“, obwohl die Mittagssonne unbarmherzig brennt. Wir setzen uns etwas abseits in den Sand und beobachten die Menschen. Asiaten mit Selfiesticks und Staubmasken, Spanierinnen schulterfrei im Minirock und natürlich immer wieder der Safarilook, gerne auch mit weissen Socken und Sandalen, es ist einfach herrlich. Wir beobachten die ganz Mutigen, die sich auf direktem Weg von der „Big Daddy“ stürzen und natürlich auch die fotogenen toten Baumstümpfe im Vlei, aber wir sind froh sind wir nicht schon am Morgen hierher gekommen. Zurück beim Parkplatz die obligaten offensichtlichen Schweizer Touristen, die die längste Zeit ums Auto schleichen, uns aber weder ansprechen noch sich zu erkennen geben, ich werds wohl nie verstehen...
Am Nachmittag rollen wir gemütlich zurück zum Parkausgang, wo wir gleich das Permit für den Namib-Naukluft-Park für die nächsten drei Tage organisieren. Wir lassen den trostlosen Camping an der Staubstrasse links liegen und fahren etwas raus, wo wir uns in der Steppe hinter ein paar Felsen einen schönen Campplatz suchen, oh wie schön ist die Ruhe hier.... Während Dani bei der Fahrzeugkontrolle ist, richte ich schon mal das Abendessen als ich es plötzlich unter dem Auto fluchen höre, das klingt gar nicht gut. Tatsächlich ist die Halterung eines vorderen Stabilisators gebrochen, schuld sind vermutlich die üblen Wellblechpisten. So können wir auf keinen Fall in den Namib-Naukluft! Wir brüten über der Karte und diskutieren, wo wohl der nächste Mechaniker sein könnte. Die nächste Stadt ist Windhoek, aber die ist 200 km und einen Pass entfernt, da können wir unser Permit für den Park sicher kübeln. Wir beschliessen erstmal hoch zum nächsten Roadhouse nach Solitaire zu fahren und uns dort zu erkundigen. Erschwerendermassen steht natürlich wieder ein Wochenende vor der Tür, kriegen wir das Problem morgen nicht gebacken könnts mühsam werden...


Notstop in Solitaire
Wieder stehen wir bei Nacht und Nebel auf, heute könnte noch ein langer Tag werden. Auf der üblen Wellblechpiste gehts nach Solitaire, egal wie langsam Dani fährt, die Piste schlägt zurück und jeder Schlag tut im Herzen weh. In Solitaire hats tatsächlich eine kleine Werkstatt hinter der Bäckerei, wo man sich Ticos sofort annimmt. Lift oder Grube ist hier Fehlanzeige. Ganz Afrikastyle wird Tico vorne aufgebockt und der Schaden begutachtet. Wir haben Glück im Unglück und die Halterung kann hier geschweisst werden. Schlussendlich dauert die Prozedur dann doch länger, da man nur schwer an die Stelle rankommt. Inzwischen versorg ich uns mit frischen Leckereien aus der Bäckerei, die ständig an uns vorbei getragen werden, offensichtlich befindet sich der Backofen hinten in der Werkstatt. Das Roadhouse ist ein beliebter Stop für Touristenbusse und auch Selbstfahrer. Da Tico quasi auf dem Weg zur Toilette steht, kommen auch immer jede Menge Schaulustige vorbei, die gut gemeinte Ratschläge geben oder einfach ihre Neugier stillen wollen. Der Mechaniker grinst und meint, die Kurzurlauber habe er am liebsten, kommen mit ihren malträtierten Mietautos angebraust und meinen, es müsse alles zack zack gehen, damit sie ihren Zeitplan einhalten können. Das möchten wir natürlich auch, von dem her sind wir froh, sind wir am Mittag wieder startklar. Dani kontrolliert alles und der Mechaniker meint, „es hält sicher 500 km, so dass ihr bestimmt nicht mehr zurückkommt ;-)“ wie recht er doch haben sollte...


Totale Einsamkeit im Namib-Naukluft Nationalpark
Jetzt kanns losgehen mit den Abenteuern in der Einsamkeit der Wüste. Nach dem Kuiseb-Pass verlassen wir die Touristenroute und tauchen ein in die Wüste. Unser Ziel ist der Campplatz am Mirabib-Inselberg, von dem wir schon viel gelesen haben. Auf schnurgerader Wellblechpiste gehts durch nichts als flaches, ödes Land, kein Tier ist zu sehen, die einzige Abwechslung ist der Wendekreis des Steinbocks den wir einmal mehr durchqueren. So erreichen wir am Nachmittag den Mirabib, die einzige Erhebung so weit das Auge reicht. Für heute haben wir genug erlebt und wir suchen uns das schönste Camp aus, windgeschützt zwischen den Felsen. Dani kriecht nochmals unters Auto, kontrolliert die Schweisstelle und ist gar nicht zufrieden.
Tatsächlich sind wir schon zu weit von Solitaire entfernt, als dass wir zurückkehren könnten, also bleibt uns nur die vorsichtige Fahrt weiter durch den Namib-Naukluft nach Swakopmund. So streichen wir dann auch die Runde durchs Kuiseb-Rivier und fahren direkt hoch in den nördlichen Teil des Parks. Hier ist tierisch was los und wir können Warzenschweine und Zebras, Falken, Strausse und Oryxe mit Nachwuchs beobachten und als wir dann durch die Tinkas Flats fahren entdecken wir noch eine Giraffe und einen Schakal, was für ein Erlebnis. Der nördliche Teil gefällt uns auch landschaftlich viel besser mit den Canyons, den Felsen und den Bergen im Hintergrund. Die Fahrt endet heute bei der sogenannten Blutkuppe, einem Inselberg mit wunderschönen Campmöglichkeiten an seinem Fusse. Wir versuchen ganz nach oben zu klettern, was aber weder einfach noch ganz ungefährlich ist aufgrund der vielen losen Schieferschichten. Runter ist dann nochmals eine andere Geschichte und auf der Suche nach einer ungefährlichen Route kommen wir an einem ganz anderen Ort raus als wir begonnen haben. Da schicken wir doch lieber Vroni hoch die Aussicht erkunden, während wir ihr bei einem kalten Bier dabei zusehen. Wir sind ganz enttäuscht, als sich der Berg auch bei Sonnenuntergang nicht blutrot färbt, der Name muss wohl einen anderen Ursprung haben.
Am Morgen erwachen wir bei dichtem Nebel und beim Versuch das Nebelmeer von oben zu fotografieren, hätten wir fast Vroni verloren, die unbedingt auf der Nebeldecke landen wollte, zum Glück lässt sie sich manuell übersteuern, wäre sonst vermutlich nicht gut ausgegangen...
Heute fahren wir zu den Welwitschia Plains. Die Welwitschia mirabilis ist eine äusserst merkwürdige Pflanze. Sie wächst nur hier in der Namib bis ins südliche Angola, kommt praktisch ohne Wasser aus, wächst nur wenige Millimeter im Jahr und wird dafür bis 2'000 Jahre alt. Etwa so sieht sie auch aus und wir „bewundern“ ein 1'500 Jahre altes Exemplar, das zum Schutz vor allzu neugierigen Touristen sogar eingezäunt ist. Entlang des Swakop-Riviers erreichen wir bald Swakopmund am Atlantik. Umgeben von Wüste und Sanddünen erscheint sie wie eine Oase. Wir haben eine lange Erledigungsliste und campen daher unweit der Stadt in der Steppe, windgeschützt zwischen Felsen, damit wir am morgen früh gleich den wichtigsten Punkt in Angriff nehmen können und Tico wieder flott für den rauhen Norden Namibias zu machen.
Später sitzen wir gemütlich beim Apero und geniessen die Sicht auf das Dünenfeld vor uns, während ein paar Kamele gemütlich vorbeitrotten... Wie? Kamele? Tatsächlich läuft eine ganze Herde mit vielen Jungtieren vor uns durchs sandige Flussbett. Giraffen hätt ich hier erwartet, Zebras, vielleicht ein Schakal, aber Kamele vor der Stadt? Wir prosten uns zu und lehnen uns zurück, in Namibia ist alles möglich - wir sind gespannt, welche Abenteuer der einsame Norden für uns bereithält.

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