Ecuador  - der Süden

Es geht an die Küste
Von 3‘800 müM geht’s nur noch runter. 70 km lang fahren wir einfach nur bergab, Wahnsinn. Die Vegetation ändert sich, man sieht wieder Palmen und Bananenplantagen, leider auch wieder unschöne Abfallberge. So wie die Höhenmeter abnehmen, nimmt die Temperatur zu. Da kann ich wohl meine Merino- und Alpacasachen für ein paar Tage weit nach hinten in den Kleiderschrank versorgen. Auch die Menschen verändern sich. Es hat kaum Indigenas, verschwunden sind die farbigen Röcke, Ponchos und die niedlichen Filzhüte.
Die 350 km an die Küste fahren wir in einem Tag. Auf möglichst direktem Weg geht’s nach Puerto Cayo. Obwohl unsere „Abkürzung“ zeitlich nicht wirklich den erhofften Effekt bringt, ist es doch eine Abwechslung gegenüber der langweiligen Hauptstrasse. Unterwegs essen wir in einer lieblosen Strassenbeiz, doch das Essen überrascht positiv. Eine Milchsuppe mit Käsewürfeln und danach gebratene Fischfilets. Wir lieben Seafood und freuen uns auf mehr an der Küste.
In Puerto Cayo steuern wir die Finca des Schweizers Sämi an, den Jardin Suizo. Sämi lebt schon seit vielen Jahren in Ecuador und hat sich hier eine schöne Oase mit Blick aufs Meer aufgebaut. Ursprünglich aus dem Zürcher Oberland, kam Sämi als 15-jähriger nach Basel wo er seine Ausbildung zum Seemann auf dem Rhein absolvierte. Natürlich hat der erfahrene Seebär viele Geschichten auf Lager, welche wir mit einer kühlen Flasche Pilsener in seiner gemütlichen Bar geniessen. So lässt es sich doch nach einem langen staubigen Fahrtag am besten entspannen. Sämi verwöhnt uns mit frischem Brot, Camembert und Salami zum Znacht und obwohl wir völlig erledigt sind, bleiben wir noch lange sitzen…


Isla de la Plata
Ihr fragt Euch sicher langsam, warum die Break-A-Way’s freiwillig ans Meer fahren, wenn es doch so tolle Berge gibt in Ecuador. Tja es ist so, Ecuador ist schliesslich nicht nur aufgrund seiner Vulkane bekannt, sondern auch wegen der einzigartigen Tierwelt auf seinen vorgelagerten Inseln, allen voran natürlich Galapagos. Wir haben uns gegen einen Besuch der Galapagosinseln entschieden, da wir ja bekanntermassen nicht so die Kreuzfahrtfans sind - die Überfahrt von Panama nach Kolumbien hat dies wiedermal bestätigt - und dafür ist uns der Spass doch etwas zu teuer. Anderseits ist uns ein Individualtrip auf die Inseln planerisch ein zu grosser Aufwand, somit ist die Alternative „Isla de la plata“ genau das richtige für uns. Die „Silberinsel“ wird das Mini-Galapagos genannt, da man auf einer Tagestour doch einige der Tiere sehen kann, für welche Galapagos so bekannt ist.
Jetzt gegen Ende der Hauptsaison müssen wir bestimmt nicht mehr reservieren, haben aber gleichwohl noch die Chance Buckelwale zu sehen, bevor sie sich mit ihrem Nachwuchs auf dem Weg in kälteres Gewässer machen.
So fahren wir am Morgen mit dem Bus nach Puerto Lopez, schlendern über den Malecon und handeln mit den Touranbietern um den besten Preis. Bis es aufs Schiff geht, haben wir gerade noch Zeit uns den Fischmarkt anzusehen. Wir stauen was für Kaliber an Fisch hier an Land gezogen und sogleich zerlegt und portioniert werden. Da freuen wir uns doch gleich doppelt aufs Ceviche am Abend.
Auf der Fahrt zur Isla de la Plata lassen sich die Wale nicht lange bitten. Wir kommen uns vor wie in einer Show, wie die gigantischen Tiere vor uns aus dem Wasser springen, sich winden und winkend wieder ins Wasser plumpsen. Absolut faszinierend!
Auf der Insel angekommen geht’s auf die Wanderung hoch zum höchsten Punkt. Wir Staunen wie viele Wale sich im Meer tummeln, überall sieht man die Fontänen spritzen.
Richtige Wegelagerer sind hingegen die lustigen Blaufusstölpel. Sie liegen mitten auf dem Weg rum, ja nisten sogar darauf. Sie zeigen absolut keine Scheu vor uns, trotzdem versuchen wir beim Vorbeigehen den vorgeschriebenen Sicherheitsabstand von 2 Metern einzuhalten. Es kommt mir vor, als ob uns die Tölpel auslachen, wie wir im Bogen durchs Gestrüpp um sie herumstolpern. Es ist gerade Balzzeit und die Männchen stolzieren tapsig um die Weibchen herum. Einige Paare haben sich auch schon gefunden und sind am Brüten.
Die Balzzeit der Fregattvögel ist leider bereits zu Ende. Gerne hätten wir die Männchen beobachtet, wie sie die rote Membran am Kinn aufplustern um die Weibchen zu beeindrucken. Dafür hats ganze Kolonien an Jungvögeln. Die bereits recht grossen Jungen hocken in den viel zu kleinen Nestern in den dürren Ästen und schreien nach Futter. Ich warte nur darauf dass ein Ast unter der schweren Last abbricht. Unser Guide weiss natürlich alles über Flora und Fauna auf der Insel und steht für alle Fragen zur Verfügung. Er erklärt uns Heilpflanzen und zeigt uns essbare Beeren.
Die Albatrosse auf einem anderen Teil der Insel dürfen wir nicht besuchen, sie scheinen sich an den Menschen zu stören und viele brüten nicht mehr auf der Insel. Da der Naturpark in erster Linie dem Erhalt der Tierwelt dient, haben wir dafür natürlich Verständnis.
Zurück am Strand sehen wir viele Wasserschildkröten im klaren Wasser, die die Boote umkreisen. Ob Neugier oder in Erwartung von Futter sei dahingestellt, wir geniessen die exklusive Sicht. Mittlerweile ist das Meer recht unruhig, doch der Kapitän fährt uns zu einer ruhigen Bucht zum schnorcheln. Hier hat es nebst Seelöwen und Schildkröten unglaublich viele Fische, beim Abtauchen schwimmen wir mitten in einem Fischschwarm. Das Wasser ist nicht so kalt wie erwartet und wir geniessen es ungemein. Wir versuchen den Schildkröten zu folgen und die vielen bunten Fische zu fotografieren. Einmal mehr sind wir im Nachhinein zutiefst enttäuscht über die Qualität der GoPro unter Wasser, so dass wir die meisten Fotos wieder gelöscht haben. Das absolut Tollste ist der Gesang der Wale, den wir unter Wasser hören. Es klingt so nah und man möchte sich ständig umdrehen in Erwartung eines solchen Riesens hinter einem, doch so nah am Riff besteht diese Gefahr wohl nicht.
Die Tour hat uns super gefallen und hat für uns gepasst. Zum Abschluss geniessen wir leckeres Ceviche (marinierter Fisch/Shrimps, etc. mit Tomaten und Limetten) in einem Hafenbeizli, bevor wir die Rückfahrt nach Puerto Cayo antreten.


Die letzten Tage an der Küste

Nach einem weiteren Tag bei Sämi, in welchem wir nochmals ausgiebig seine gartenfrischen Maracujas und das Seefood am Hafen geniessen, geht’s für uns weiter entlang der Küste nach Süden. Wir besuchen den schönsten Strand Ecuadors „Los Frailes“ und staunen wie sauber es hier ist. Es gibt ein paar schöne Aussichtspunkte entlang der Strasse, doch aufgrund der Dauerbewölkung ist die Stimmung bescheiden. Montanita ist ein beliebter Surf- und Backpackerort, welchen wir grad links liegen lassen. Danach verlassen wir die Küste, denn wir haben mal wieder eine „Abkürzung“ gefunden. Natürlich bringt auch diese weder Zeit- noch Kilometerersparnis, doch die Landschaft ist einmal mehr deutlich abwechslungsreicher und einsamer als die Hauptstrasse.
Wir fahren bis kurz vor Guayaquil, der grössten Stadt Ecuadors, denn dort haben wir morgen eine langersehnte Verabredung. Wir bleiben im schönen Naturpark Cerro Blanco. Der Park ist schön und grosszügig angelegt. Es hat einen Campingplatz auf einer Lichtung, es gibt einen Relaxbereich mit Palmen und Hängematten und viele Infotafeln zu Tieren und Pflanzen im Park. Es ist Sonntag und wir staunen, dass es nur wenige Besucher hat, so nah an der Grosstadt hätten wir an einem Sonntag mehr Betrieb erwartet. Im Park gibt es ausserdem eine Auffangstation für Tiere. Es hat viele Papageien und Affen, Schildkröten und sogar eine Herde Wildschweine!
Den Rest des Nachmittags relaxen wir in den Hängematten und erholen uns von der langen Fahrt. Gegen Abend sind wir völlig alleine auf dem grossen Areal und können in Ruhe Vögel und Agoutis beobachten, die zum Trinken an den Teich kommen.


Wiedersehen in Guayaquil
Schon länger stehen wir mit Julio in Kontakt, einem guten Freund und ehemaligen Arbeitskollegen von Cel. Julio stammt aus Guayaquil und ist gerade für zwei Monate hier. Heute hat er sich Zeit genommen uns zu treffen und uns „seine“ Stadt zu zeigen, was uns natürlich riesig freut. Nicht viele Overlander zieht es nach Guayaquil, die Stadt hat keine besonderen Kolonialbauten und auch sonst keine herausragenden Sehenswürdigkeiten - wir lassen uns überraschen. Nach einer ziemlich mühsamen Fahrt durch den Morgenverkehr parken wir Tico auf dem gesicherten Hotelparkplatz und spazieren zum Malecon, wo wir Julio treffen. Wir erleben einen tollen Tag und staunen, was Guayaquil alles zu bieten hat. Das Zentrum ist modern und Julio weiss natürlich alles über die Stadt. Er zeigt uns die hunderjährigen Galapagos-Schildkröten im Areal der Universität, die Aussicht vom Cerro St. Ana und erzählt uns von den Verteidigungsstategien der Stadt gegen die Piraten, die früher oft und gerne hier eingefallen sind. Dann führt er uns in seine Haus-Cevicheria, wo wir fantastisch essen. Die Cazuela marisco ist unglaublch lecker und so reichhaltig, dass ich für den Rest des Tages nichts mehr zu essen brauche. Dann fahren wir zum Parque Simon Bolivar, wo eine ganze Kolonie Galapagos-Echsen lebt. Julio weiss, dass wir die Echsen auf der Isla de la Plata nicht gesehen haben und macht uns damit eine spezielle Freude. Wir könnten den putzigen Tieren den ganzen Tag zusehen, sie hocken im Gras, unter den Büschen, ja sogar oben in den Bäumen! Als wir genug gesehen haben geht’s auf Shoppingtour. Egal, was wir in den letzten Wochen vergeblich gesucht haben, Julio weiss wo man es kriegen kann. Daneben probieren wir Yoghurt und Pan de Yucca, eine ungewohnte Kombination aber sehr lecker.
Wir sind ziemlich geschafft und lassen den Tag bei ein paar Club Negro und guten Gesprächen am Malecon ausklingen, bevor wir uns von Julio verabschieden und todmüde in unsere Hotelbetten fallen. Danke für den perfekten Tag Julio, das nächste Mal in der Schweiz bei einem Seco de Gallina ;-)


Der Berg ruft!

Die Fahrt raus aus Guayaquil kostet einiges an Nerven. Sich auf einer siebenspurigen Strasse von ganz rechts nach ganz links zu kämpfen ist eine Herausforderung, welcher sich Dani mit Hupe und frecher Fahrweise stellt, doch daneben zu sitzen ist kein Vergnügen, das könnt ihr mir glauben! Als wir endlich draussen sind und uns in einem Shoppingcenter aufmunitioniert haben, ist es schon fast Zeit, einen Platz zu suchen. Doch wir sind noch immer auf Meereshöhe, es ist heiss und die Landschaft lädt nicht zum Verweilen ein. So ziehen wir die Strecke bis in die Berge in einem Stück durch und landen am späteren Nachmittag erschöpft in Salinas auf 3‘700 müM. Hier ist es wieder ganz schön kalt, es ist neblig und nieslig.
Salinas ist bei Overlandern bekannt für seine Käserei und die Schoggifabrik. Eine Kombination die uns aus jedem Winkel des Landes hierhergelockt hätte. Erst gönnen wir uns in der Schoggifabrik eine richtig feine „heissi Schoggi“ und probieren uns dann durchs Praliné-Sortiment. Es hat richtige Truffes und auch exotische Sorten wie Chilli oder Maracuja, und so was von lecker, wir sind kaum mehr aus dem Laden rauszubekommen. Vom Schoggi- geht’s in den Käsehimmel. Im Rahmen eines UN-Projekts in den Siebziger Jahren hat der Schweizer Käsetechniker Hans Dubach zusammen mit Einheimischen eine Käserei auf die Beine gestellt und seither werden hier nebst lokalen Käsesorten wie dem Andino auch Schweizer Spezialitäten wie Gruyère, Tilsiter und Emmentaler hergestellt. Wir kaufen „nur“ ein wenig ein und können kaum glauben, dass es im Ganzen fast 2 Kilo sind! Jä nu, endlich einmal richtig schlemmen und nicht immer nur hauchdünne Scheibchen…
Wir können gleich bei der Käsi übernachten und am nächsten Morgen die Bauern der Region beobachten, die auf alle erdenkliche Weise ihre vollen Milchkannen bringen. Von Huckepack bis zum Lama ist der Fantasie keine Grenze gesetzt und wir geniessen einmal mehr den Kontakt zu der fröhlichen und gar nicht kontaktscheuen indigenen Bevölkerung.


Ein bunter Indiomarkt und der höchste Berg der Welt
Das Wetter ist auch heute keinen Deut besser und auf der schönen Strecke hoch nach Simiatug sehen wir genau - gar nichts, ausser dicker Nebelsuppe. In Simiatug wollen wir eines der Projekt des Hilfswerks besuchen, mit welchem wir im Vorfeld Kontakt hatten, doch heute ist Markttag in dem kleinen Dorf und es geht drunter und drüber. Der „Projektleiter“ ist grad heute nicht da und trotz vieler gutgemeinter Wegbeschreibungen finden wir den Ort nicht, wo indigene Frauen in Gemeinschaftsarbeit Handarbeiten und Kunsthandwerk herstellen. Nach langem Herumirren haben wir genug vom wuseligen Treiben in dem vollgestopften Dorf und lassen es bleiben. Es gibt zum Glück noch andere spannende Projekte in der Umgebung.
Hier auf knapp 4‘000 Meter ist es bei diesem Wetter mehr als unfreundlich und wir fahren noch ein Stück weiter Richtung Chimborazo, dem höchsten Vulkan Ecuadors und dem höchsten Berg der Welt. Nein das ist kein Schreibfehler, später mehr dazu.
Während dem ganzen Weg, der über 4‘400 Meter führt, werden wir von dickem Nebel, Eisregen und sogar Hagel heimgesucht. So hat die Weiterfahrt keinen Sinn. Wir suchen uns ein Plätzchen auf 4‘000 Meter am Fusse des - nicht sichtbaren - Chimborazo und verschanzen uns im gemütlichen Auto. Heute Abend wärmt uns ein kräftiger Hühncheneintopf mit Gemüse, den Dani bewundernswerter Weise draussen in der Kälte kocht. In der Nacht schrammen wir kurz an der 0°-Grenze vorbei, doch unter den kuschligen Decken merken wir davon nichts und schlafen trotz der Höhe wunderbar. Am Morgen hat der Nebel kurz ein Einsehen und zeigt uns den 6‘268 Meter hohen Chimborazo kurz in seiner ganzen, verschneiten Pracht geradewegs vor unserem Schlafzimmerfenster!
Also, was soll das Gefasel vom höchsten Berg - jeder weiss doch, dass der Mt. Everest mit 8‘448 Meter der höchste Berg der Welt ist. Das ist natürlich auch richtig, doch vom Erdmittelpunkt gesehen ist der Chimborazo ganze 2‘000 Meter höher als der Mt. Everest, da die Pole der Erde leicht abgeflacht sind und sich der Chimborazo fast genau auf dem Aequator befindet. Doch genug der Spitzfindigkeiten, er ist beeindruckend, wir haben ihn gesehen, und das ist die Hauptsache.


Banos de los Santos

Nach dem Wetterchaos in der Höhe versuchen wir unser Glück nun im über 2‘000 Meter tiefer gelegenen Banos de los Santos, bekannt für seine Vulkane, Schluchten und Thermalbäder, ausserdem gilt es auch als Mekka für Backpacker und Adrenalinjunkies. Wir lassen das Städtchen erstmal links liegen und fahren weiter auf der schönen Strecke ins Pastazatal. Entlang der Schlucht des Rio Pastaza gibt es viele Wasserfälle, Zipline-Adventure oder Tarabita-Seilbahnen wie die in Mindo. Beim „Pailon del Diablo“ machen wir einen schönen Spaziergang runter zu einem der Wasserfälle. Von diesen erwarten wir seit geraumer Zeit eigentlich generell gar nichts mehr, umso beeindruckter sind wir von der spektakulären Sicht von der Hängebrücke auf den reissenden Wasserfall. Von beiden Seiten wurden steile und ausgesetzte Wege bis hinter den Wasserfall gebaut, das hätten wir so echt nicht erwartet bei einer Eintrittsgebühr von einem Dollar. Dazu muss man mal sagen dass in Ecuador die Eintrittsgebühren generell sehr moderat sind, es gibt keinen Gringo-Aufschlag und Nationalparks sind immer kostenlos. Ein weiterer Aspekt der uns an Ecuador besonders gut gefällt! Zurück in Banos lassen wir uns natürlich das Erlebnis „Todesschaukel“ nicht nehmen. Hoch über dem Abgrund auf einer Schaukel herumzuturnen klingt nach Freiheit und Abenteuerlust. Zugegeben, die Realität ist sehr viel weniger ausgesetzt und abenteuerlich, trotzdem machts Spass und die Aussicht auf die Vulkane ist es auf jeden Fall wert.
Die völlig im Wald eingebettete Finca Chanamapampa wirkt wie aus einem Märchen, mit den rustikalen und gleichzeitig verspielten Gebäuden und dem verwitterten Sitzplatz mit Sicht auf einen weiteren schönen Wasserfall. Hier hats die ganze Infrastruktur, die wir für die weitere Wegplanung und das Aussitzen eines verregneten Nachmittags benötigen. Besonders witzig ist die „Regenwald-Dusche“ die hier nicht wegen dem feinen Wasserstrahl so heisst, sondern weil sie tatsächlich oben offen und von allen Seiten von Wald umgeben ist.


Humanitäre Projekte in Riobamba
Auf einer guten Schotterpiste geht’s entlang des Tungurahua-Vulkans nach Riobamba, wo wir am Mittag Dr. Klaus Brunner treffen. Der ehemalige Notarzt und Unfallchirurg aus Lörrach lebt teilweise hier in Riobamba und arbeitet im Hospital Andino. Zum Glück hatten wir auf unserer Reise bisher noch keine Gelegenheit, ein Krankenhaus von innen zu sehen. Wir sind überrascht, wie modern hier alles ist und vor allem, dass ein ganzer Trakt der Alternativ- und der Indiomedizin gewidmet ist. Klaus ist zwar nicht wirklich überzeugt, dass die reinigenden Bäder und das Einsetzen von Meerschweinchen zum Aufdecken von Krankheiten hilfreich sind, doch ist es schön zu sehen, dass hier die Schulmedizin - wie leider so häufig - nicht als alleiniges Mittel der Wahl gehandhabt wird.
Klaus und seine Frau Nachita sind gut befreundet mit der Schweizerin Rosa Frei, der Initiatorin des Hilfswerks „Verein la Rosa“, mit welchem wir in Kontakt stehen und beim Mittagessen erfahren wir mehr über die laufenden Projekte in der Region.
Am Nachmittag besuchen wir die Schule „Colegio Adolfo Kolping“ welche der „Verein la Rosa“ bereits mit mehreren Projekten unterstützt hat. Das Colegio ist eine Grund- und Berufsschule für ca. 180 Kinder und Jugendliche. Durch Patenschaften wird es den Jugendlichen ermöglicht, eine Ausbildung als Köche, Metallbauer, Zimmermänner, Weber und Schneider (die männliche Form gilt auch für die weibliche) zu absolvieren. Aktuell wird gerade an neuen Gebäuden für die Schneider- und Weberinnen gebaut.
Unser Timing ist mal wieder perfekt, anlässlich des bevorstehenden Nationalfeiertags wurde der Unterricht heute früher beendet und vor einer halben Stunde sind sowohl Schüler wie auch Lehrer ins verlängerte Wochenende gegangen. Zum Glück ist Nicolas, einer der Lehrer noch im Haus und führt uns mit Freuden im ganzen Komplex herum. Wir sehen die betagten Industrienähmaschinen, mit welchem die Schuluniformen hergestellt werden, aber auch die Webstühle, auf welchen traditionelle Indiokleidung und Taschen gefertigt werden, die auf Märkten verkauft werden. Anschliessend zeigt uns Nicolas den Neubau, an welchem mit Hochdruck gearbeitet wird, denn dieser soll in zwei Wochen von Rosa Frei persönlich eingeweiht werden. Wir sind beeindruckt vom Engagement des Lehrers und zutiefst überwältigt, als wir von Nicolas zum Abschied zwei schöne indigene Taschen geschenkt bekommen als Erinnerung an unseren Besuch.
Wir konnten uns davon überzeugen, dass die Hilfe hier tatsächlich ankommt und sinnvoll eingesetzt wird. Wer also zu Weihnachten noch nach sinnvollen Geschenken sucht, wie wärs mit einer Patenschaft zur Finanzierung der Ausbildung eines Indios?


Alte Steine und die Nase des Teufels
Aufgrund der Topographie ist es nicht ganz einfach, in Ecuador eine Eisenbahnlinie zu bauen. Die Schwierigkeiten kann man deutlich am Nariz del Diablo (Nase des Teufels ist der Name des Bergs), unterhalb von Alausi sehen. Um den Höhenunterschied zu bewältigen, wurden die Gleise im Zickzack verlegt, was ein aufwändiges Rangieren bedeutet, welches man wunderbar von einem Mirador oberhalb der Schlucht beobachten kann. Leider dient die Zugstrecke nur noch touristischen Zwecken, wie überall in Ecuador.
Der nächste Programmpunkt ist rasch abgehakt. In Ingapirca, der ersten Inkaruine auf unserem Weg, hats heute am verlängerten Wochenende mehr Touristen als Steine. Die Guides sind mit riesigen Gruppen unterwegs, definitiv nichts für uns, zumal in Peru noch unzählige Inkastätten auf uns warten. Wir fahren bis nach Cojipamba, einem markanten Kletter- und Aussichtsfels vor Cuenca. Hier campen wir in der Höhe mit fast 360°-Rundumsicht. Das Beste daran, Cojipamba ist eine kleine, wenig bekannte Inkastätte und wir campen gerade oben dran. Am Abend haben wir den Fels fast für uns alleine und können die Stätte und die Aussicht nach Herzenslust geniessen.


Cuenca
Auf die Kolonialstadt haben wir uns besonders gefreut, doch sie macht es uns nicht einfach. Aufgrund des verlängerten Weekends um den Nationalfeiertag sind die meisten Parkplätze geschlossen und wir fahren kreuz und quer durch die Stadt, bis wir endlich einen Parkplatz gefunden haben, in welchem wir von der Höhe auch reinpassen. 
Es ist nicht viel los in der Stadt. Viele Städter fahren über die Feiertage aufs Land, wo das sonntägliche Alkoholverbot nicht so ernst genommen wird. Dies wurde eingeführt, da offenbar viele Ecuadorianer am Wochenende derart viel Alkohol konsumieren, dass sie am Montag gar nicht oder nur in angeschlagenem Zustand zur Arbeit erschienen sind. Ob diese Massnahmen wohl zum gewünschten Erfolg führen?
Wir schlendern durch die Gassen, doch abgesehen von der prächtigen Kathedrale hauen uns die Kolonialgebäude nicht aus den Hockern. Nach Cartagena, Antigua und den Kolonialstädten in Mexico hängt die Messlatte aber auch entsprechend hoch. Wir spazieren am Fluss entlang und besuchen das Panamahut-Museum. Unvorstellbar dass die Hüte auch heute noch von Hand gemacht werden. Die Dicke der Pflanzenfasern bestimmt die Qualität. Der „Superfino“ soll sogar wasserdicht sein, kostet aber auch entsprechend…
Der Name kommt übrigens daher, dass Präsident Roosevelt bei der Eröffnung des Panamakanals einen solchen Hut getragen hat, die Hüte werden weder in Panama hergestellt noch haben wir sie je dort gesehen. Meiner ist übrigens aus Kolumbien und somit kein echter Panamahut.
Das tollste am Panamahut-Museum ist übrigens das Café auf der Aussichtsterrasse mit italienischer Espressomaschine. Der Eis-Cappucchino und die warmen Brownies bringen nicht nur die Eiswürfel zum schmelzen ;-)


In der Schweiz Ecuadors
Die Landschaft südlich von Cuenca gefällt uns besonders. Die Hügel sind hier nicht mehr so stark bepflanzt, es herrscht mehr Viehzucht als Ackerbau. Schwarz-weisse Kühe grasen an den Hängen, nur vereinzelte Hütten zieren die Postkartenidylle. Am Strassenrand werden alle paar Meter ganze Schweine grilliert, wer soll denn das alles essen? Auch hier finden wir problemlos einen einsamen Panoramaschlafplatz - vermutlich langweilen Euch die Bilder mittlerweile, aber für uns ist es einfach das Grösste am Morgen inmitten einer solchen Kulisse aufzuwachen.
Wir machen einen Abstecher zum Podocarpus-Nationalpark. Der Park ist riesig und erstreckt sich bis weit ins Amazonasbecken. Der Name rührt von der einheimischen Podocarpus-Konifere, die hier im Park wächst. Man könnte hier wochenlang in der Einsamkeit wandern, doch wir beschränken uns auf den steilen Pfad hoch zum Mirador. Wie klein fühlt man sich inmitten dieser unberührten Bergwelt. Wir sehen bis zu den Bergen von Peru und runter ins Tal, wo sich unser weiterer Weg unweigerlich nach Süden schlängelt.
Die Grenze ist schon fast greifbar nah und wir legen in Vilcabamba einen Ruhetag ein. In diesem Dorf sollen die Menschen besonders alt werden. Liegt es am milden Klima oder an der idyllischen Landschaft? Wir wissen es nicht, uns fällt lediglich auf, dass die Hügel vor Luxusvillen strotzen, offenbar hat sich der Ruf des Dorfes bis weit in die USA und Kanada verbreitet. Wir geniessen die Ruhe und die Infrastruktur des Casita del Torre ausserhalb des Yoga- und Vegantourismus im Dorf und bereiten uns hier auf unsere nächste Etappe vor. Das Land der Berge und Inkastätten - Peru!
Unsere letzte Nacht in Ecuador verbringen wir in Grenznähe und seit langem wieder mal unter 1'000 Meter. Am Abend kommt der Nachbar auf eine Schwatz vorbei und schenkt uns einen grossen Bund Bananan. Welch Déja Vu, genau wie am ersten Abend in Ecuador! So wird uns das Land in Erinnerung bleiben: herzlich, grosszügig und unkompliziert!


Fazit Ecuador

Kleines Land ganz gross. Die Vielfalt Ecuadors hat uns über alle Massen erstaunt. Berge über 6'000 Meter, Pazifikinseln und alles in nur wenigen Stunden Fahrzeit. Täglich mussten wir uns auf neue Gegebenheiten, Höhen und Temperaturen einstellen, Sommer- wie Winterkleidung immer griffbereit.
Aufgrund der grossen Oelvorkommen im Amazonasbecken ist Ecuador kein armes Land. Die Rechte wurden an die Chinesen verkauft und der Erlös unter anderem in Bildung und Strassenbau investiert. Seinen schlechten Ruf in Bezug auf Umweltschutz können wir aus unserer Sichtweise nicht unbedingt bestätigen. Es wird viel getan in Sachen Abfalltrennung, entlang der Strassen ist der Müll moderat, wobei es in den Bergen deutlich sauberer ist als Richtung Meer.
Ecuador hat ein ausserordentlich gut ausgebautes Strassennetz, die teilweise vierspuren Autobahnen sind allerdings völlig übertrieben. Trotzdem haben wir immer wieder schöne Schotterstrassen gefunden, vor allem in den Bergen. Im Gegensatz zu Kolumbien ist Ecuador geradewegs ein Campingparadies. Wir fanden viele schöne und einsame Schlafplätze mit toller Aussicht, es gibt aber auch einige tolle Campingplätze mit Infrastruktur wie die Finca Sommerwind in Norden oder der Jardin Suizo an der Küste.
27 Tage waren wir in dem schönen Land, haben ausnahmslos tolle Menschen getroffen, viele davon Indios, die, anders als in anderen Ländern, gar nicht so zurückhaltend und scheu waren.
Rund um die Städte gibt es grosse Einkaufscenter mit einem guten Angebot an Kolonialwaren und auch gutem einheimischen Käse, allerdings zu Preisen wie wir sie auch aus der Schweiz gewohnt sind. Dadurch erklärt sich auch der grosse Anteil an Lebensmittelkosten in der Statistik. Erstaunlicherweise sind alle Produkte mit Lebensmittelampeln versehen, aus welchen Fett, Zucker und Salzgehalt ersichtlich ist. Von Lebensmitteln mal abgesehen, ist das Reisen in Ecuador relativ günstig, ein komplettes Mittagsmenü an der Strasse kostet zwischen 2 - 3 CHF, das aufwändige Reparieren eines Reifens 5 CHF, der Oelwechsel mit fast 11 Litern Oel 51 CHF!
Extrem günstig ist natürlich der Diesel mit 0.27 CHF der Liter, deshalb werden wir unsere Tanks für Peru nochmals randvoll machen. Mit einem Tagesdurchschnitt von 51 CHF liegt Ecuador etwa im Mittelfeld unserer Länder-Hitliste. Wir haben in Ecuador 2'551 km gefahren, dies entspricht 91 km pro Tag - klingt nach wenig, liegt jedoch an den doch eher vielen Ruhetagen und dem hohen Offroadanteil.
Ecuador ist ein tolles Reiseland und hat uns unheimlich gefallen. Nichtdestotrotz freuen wir uns nun mit Peru auf unser 13. Reiseland.

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