USA 9 - Arizona/California Teil 3

Arizona
Nach der Einsamkeit der Mojave Wüste treffen wir in Laughin auf eine andere Welt. Im südlichsten Zipfel Nevadas gelegen, eingebettet zwischen Kalifornien und Arizona, reiht sich hier ein Casinobunker an den nächsten, überall blinkts und leuchtets - wie eine Miniaturausgabe von Vegas. Auf der anderen Seite des Colorado befinden wir uns schon in Bullhead Arizona, eine ganz gewöhnliche Kleinstadt ohne Casinos, dafür endlich mit einem Walmart!
Östlich des Colorados fahren wir Richtung Süden. Die typische Halbwüste Arizonas prägt die Landschaft. In Topock trifft der Colorado auf die Route 66. In einem cool gemachten Retro-Burger-Restaurant mit Pool und Sicht auf die Topock Gorge verbringen wir den halben Tag, nutzen das schnelle WLAN und gönnen uns leckere Burger.¨
Unser nächstes Ziel ist  Lake Havasu. Das milde Klima und der schöne See locken jeden Winter Hunderte Snowbirds an, so nennt man die pensionierten Kanadier und Amis aus dem Norden, die hier in der Wärme überwintern und alle haben Sie ihre riesigen Trailer nebst Boot und Quad mitgebracht. Hier ist es völlig normal, dass Mittsiebziger per Quad oder Jeep durch die Wüste heizen, Opa mit Skibrille am Steuer, Oma mit Kopftuch und breitem Grinsen ans Gestänge geklammert. Eigentlich ne coole Sache!
In Havasu City sehen wir uns natürlich die London Bridge über den Colorado an. Die grosse Steinbrücke, welche doch eine gewisse Ähnlichkeit mit der „mittlere Brugg" in Base aufweist, kommt tatsächlich aus London. Ende des 18. Jahrhunderts erbaut, wurde sie schliesslich zu teuer im Unterhalt und 1967 für gut 2 Millionen Dollar zum Kauf geboten. Vom Gründer von Lake Havasu City gekauft, wurde die Brücke demontiert und Stein für Stein hier wieder aufgebaut. Das Ganze kostete zwar weitere 3 Millionen. aber hey, jetzt gibt’s in den Staaten doch tatsächlich ein echtes historisches Monument, was zählen da schon 5 Millionen! Mittlerweile wurde ein ganzes englisches Dorf inkl. original Telefonkabine drumrum gebaut, ziemlich touristisch, aber uns gefällts.
Da die Umgebung der Stadt eben auch ein Mekka für Offroader und Böötlifans ist, gibt’s im Ort unzählige Auto- und Zubehörshops. Genau richtig für uns, denn die sterbende Versorgungsbatterie lässt sich nicht mehr länger ignorieren. Nach der Pleite mit den LEVO-Batterien soll es diesmal unbedingt eine Optima Batterie sein. Aber nicht irgendeine, es gibt nur eine die genügend Leistung hat und in unser Auto passt. Leider ist es extrem schwierig, eine solche in den Staaten aufzutreiben oder in nützlicher Frist geliefert zu kriegen, merke, wir reden hier von einem amerikanischen Produkt! So vertagen wir das Problem einmal mehr und ziehen weiter.


Red Rocks / Sedona
Nach weiteren Misschlägen in Sachen Batteriekauf entschliessen wir uns, das Ding über EBAY zu bestellen. Da einige Postämter Pakete annehmen (General Delivery), ist dies eigentlich eine unkomplizierte Sache. Wir wählen dafür Prescott, da es in der Umgebung genug zu tun und zu sehen gibt um sich einige Tage zu verweilen. Kaum sind die Bestellungen getätigt - wir bestellen auch gerade noch einen Wasserfilter (ein weiteres amerikanisches Produkt, welches in den Staaten nicht zu finden ist)  - stellen wir fest, dass wir in der Thanksgiving Woche sind. Nicht nur, dass sich somit die Lieferung verzögert, nein, es scheint dass ganz Amerika über das verlängerte Wochenende auf den Beinen ist. Eigentlich wollten wir in den Red Rocks ein paar gemütliche Tage mit Wandern und Sightseeing verbringen, doch es herrscht ein derartiger Andrang, dass ein Plauschfährtli durch die Täler schlicht keinen Spass macht, die Fahrt gleicht einer Hetzjagd und an Wandern ist aufgrund der hoffnungslos überfüllten Parkplätze auch nicht zu denken. So verziehen wir uns in den sehr schön gelegenen, und deshalb auch ziemlich gut besuchten National Forest bei Sedona und machen uns halt dort eine gemütliche Zeit. Der National Forest ist übrigens nicht zwingend ein Wald, es ist der Begriff für öffentliches Land auf welchem freies Campen mit Restriktionen erlaubt ist - in diesem Fall handelt es sich eigentlich um Wüstenlandschaft, aber wir sind da ja nicht kleinlich so lange die Aussicht stimmt ;-)
Sedona selbst scheint den Menschenmassen gewachsen zu sein. Ferienwohnung neben Ferienwohnung, Outdoorgeschäfte, Touranbieter und Quadverleih ohne Ende. Wir nutzen vorallem das WLAN von Safeways, um uns über den Verbleib unserer Pakete zu informieren, besichtigen aber auch „Tlaquepaque“, ein für Touristen nachgebautes mexikanisches Dörfchen voller Cafés, Restaurants und Kunsthandwerk. Zum Glück gibt es einige Offroadtracks in und aus der Stadt, so dass uns der Weg nicht langweilig wird. Das „Hells Hole“ fahren wir nicht selbst, amüsieren uns aber köstlich beim Beobachten der Touristen, die sich kreischend in den Sitzen des Tourjeeps festhalten…
Da für den nächsten Tag Schnee angesagt ist, verlassen wir die in die Red Rocks eingebettete Stadt über den „Schnebly-Hill Trail“. Der Offroadtrail führt ziemlich ruppig hoch aufs Coloradoplateau mit fantastischer Sicht auf die roten Felsen, welche Sedona umgeben. Auch hier kreischende Jeep Touristen, was sind wir froh müssen wir für dieses Vergnügen nichts bezahlen. Auf dem Plateau verweilen wir nicht lange. Auf über 2'000 Meter und in Sichtweite des Skigebiets bei Flagstaff ists nicht mehr so gemütlich Ende November. Wir suchen uns einen schönen Platz in tieferen Gefilden, wo uns am nächsten Morgen nicht der prophezeite Schnee, sondern eitel Sonnenschein erwartet. So statten wir Montezumas Castle noch einen Besuch ab, einem schön gestalteten National Monument rund um jahrtausende alte Anasazi-Siedlungen.


Zu Besuch bei Overlandern in Clarksdale
Noch immer sind zwei Tage rumzubringen. So fahren wir nach Clarksdale zu Mike & Geneva. Die Zwei sind uns schon bei mehreren iOverlander-Punkten (App für Campplätze) aufgefallen aufgrund ihrer hilfreichen Einträge und ihrer lustigen Webseite: It’s not a slow car - it’s a fast house (das ist kein langsames Auto sondern ein schnelles Haus). Auch Weltenbummler wie wir, erkunden Sie Nordamerika mit ihrem VW-Büssli „Alta“ und ihren drei Hunden. Mike & Geneva bieten ihr Grundstück als Übernachtungsplatz an, drum haben wir sie aus Neugierde angeschrieben.
So kommt es, dass wir auf ihrem Grundstück campen dürfen, Bad und Küche im Haus, so wie das schnelle WLAN gebrauchen können, obwohl sie über Thanksgiving ein paar Tage weggefahren sind. Wir kommen uns schon etwas komisch vor, als wir per Zahlencode das Tor öffnen und im Hof parkieren. Die Hintertür des Häuschens ist ganz amerikan-like offen, na denn, hier sind wir nun.
Da sich nun auch das Wetter drastisch verschlechtert, geniessen wir erst recht die Annehmlichkeiten eines Hauses: heisse Dusche, Backofenpizza und WLAN ohne Unterbrüche und Abstürze! Zum Dank für die Gastfreundschaft kochen wir am nächsten Abend eine feine Spaghettisauce und überraschen unsere Gastgeber damit. Die Freude ist gross und wir verbringen einen lustigen Abend zusammen. Mike und Geneva haben langjährige Reiseerfahrung und können uns viele wertvolle Tipps zur Weiterreise und natürlich zu Mexiko im Speziellen geben. Am nächsten Morgen werden gegenseitig die Fahrzeuge inspiziert und gezeigt und wieder wechseln viele gute Tipps und Ideen ihre Besitzer. Nach einem herzlichen Abschied geht’s dann aber endlich zurück nach Prescott, wo unsere Pakete auf uns warten. Mike erklärt uns eine schöne Alternativroute nach Prescott, vorbei an Jerome, einem alten Minenstädtchen. Das spezielle an Jerome ist seine Lage am Hang. Wie in einem Walliser Bergdörfli sind die Häuschen zwischen Hang und Strasse gequetscht mit viel Topographie. Für uns ja nichts aufregendes, aber die Amis kennen sowas halt nicht und vermarkten es entsprechend.
Mikes Alternativroute nach Prescott entpuppt sich als handfeste 4x4-Schlamm- und Steinpiste, hmm vielleicht sind wir auch irgendwo falsch abgebogen… Eine Abkürzung ists auf jeden Fall nicht und erst kurz vor Schalterschluss halten wir unsere heissersehnte Optima Yellowtop und den Wasserfilter in den Armen. Ein Hoch auf die U.S. Post, der Service war sogar kostenlos!


Entspannte Tage im KOFA Wildlife Refugee 
Noch haben wir fast zwei Wochen Zeit, bis wir nach Mexico einreisen können, denn wir haben die Fahrzeugversicherung auf den 10. Dezember abgeschlossen.
Nach den entsetzlich kalten Tagen - und vor allem Nächten - dürsten wir nach Sonne, Wärme und Wüste. Dies hoffen wir im Südwesten Arizonas zu finden. Das KOFA Wildlife Refugee liegt in dieser Ecke, in der riesigen Sonorawüste zu welcher auch das Death Valley und die Mojave gehören.
In einem idyllischen Drywash schlagen wir unser Lager auf, umgeben von riesigen Saguaro Kakteen. Hier hat Dani Zeit die Batterie einzubauen und die Räder übers Kreuz zu wechseln, schon wieder sind 5'000 km rum, es ist kaum zu glauben! In der Zwischenzeit übe ich mich in spanischer Konversation und kümmere mich um Holz für das Lagerfeuer. Wüste und Sonne hätten wir schon mal, doch die Abende sind halt leider auch hier bitterkalt! Doch zum Glück tut unsere neue Batterie brav ihren Dienst und wir können wieder den Luxus der Standheizung geniessen. Von den Jägern, die hier im KOFA nach Dickhornschafen jagen und uns mehrfach besuchen erhalten wir spannende Tipps für die Weiterfahrt. Sie scheinen allerdings Wetten abzuschliessen, ob wir es mit Tico bis zum Bighornpass schaffen oder nicht. Grinsend verabschieden wir uns, wir werden ja sehen... 
Der Weg ist auf jeden Fall nach unserem Geschmack. Mal steinig, mal sandig, mal unten im Bachbett und mal oben auf der Krete schlängelt er sich durch die mit tausenden von Kakteen geschmückte Wüste. Ein paar knifflige Stellen machen die ganze Sache spannend und unter dem Vorwand tolle Fotos zu machen, schau ich mir die haarigen Stellen lieber aus der Distanz an. Doch Dani und Tico machen das wirklich mit links. Ich staune immer wieder, wie Tico geschmeidig Felsstufen und Gräben überwindet, die für mich von innen betrachtet völlig unüberwindbar aussehen.
Mühsamer als Steinstufen und sandige Washs ist der dornige Wildwuchs auf den schmalen Pfaden. Wo ATV’s noch locker durchkommen, müssen wir die Machete zücken, damit die Aeste und Dornen nicht unser Solarpanel zerkratzen. So kommen wir nur langsam vorwärts, zeitweise kann ich sogar vor dem Auto herlaufen und jeweils die nächste Engstelle freihacken!
Irgendwann am nächsten Tag erreichen wir wieder die geschotterte Hauptpiste. Auf dieser verweilen wir jedoch nicht lange, denn nun ist unser Ehrgeiz geweckt, den gesamten KOFA von Nordost nach Südwest auf 4x4-Pisten zu durchqueren. Wir sehen keine Menschenseele, nur Wüstenlandschaft mit hohen Felsen und engen Tälern, alte Minenschächte, ein paar Wildesel und tausende Kakteen, es ist wunderschön!
Würden unsere Wasservorräte nicht dramatisch zur Neige gehen, wir wären noch immer dort, doch so wird es langsam Zeit die Zivilisation anzufahren.
In Yuma füllen wir nicht nur Wasser, sondern auch die Dieseltanks randvoll, denn so günstig wie hier werden wir lange nicht mehr tanken. Nach der Überquerung des Colorados - einmal mehr - lassen wir Arizona endgültig hinter uns und verlassen die Stadt entlang riesiger Dattelplantagen durch die Hintertür (unter Umgehung allfälliger kalifornischer Lebensmittelkontrollen).


California - zum letzten Mal ;-)
Abermals durch die Wüste halten wir auf den Picacho State Park zu. Das zusätzliche Gewicht von 110 Litern Wasser und 240 Litern Diesel macht sich auf den sandigen Pisten deutlich bemerkbar, so ersparen wir Tico zusätzliche Extra-Offroadeinlagen durch sandige Bachbette, so sehr es auch reizt. Für heute reichts sowiso, Besorgungen in der Stadt sind ja auch so anstrengend, da geniessen wir lieber den Nachmittag an der Sonne.
Der Picacho State Park geizt nicht mit landschaftlichen Leckerbissen. Der Kontrast zwischen der kargen Wüste und der grünen Uferlandschaft des Colorados könnte grösser nicht sein. Ein Paradies für Wasservögel sind die im Schilf versteckten Seen entlang des Flusses, der seinerseits direkt zum Baden einladen würde, wäre es ein paar Grade wärmer. Ausserhalb des Parks sind wir wieder in der kargen Kakteenlandschaft, die wir so lieben. Hier legen wir einen Ruhetag ein und führen endlich die schon lange geplante Ausmist- und Reinigungsaktion durch. Wir schaffen lediglich die linke Fahrzeughälfte, wollen ja schliesslich nicht die „Beer o’clock“-Pause verpassen ;-). Teil 2, sprich linke Seite, kommt dann auch noch irgendwann dran…
Am nächsten Tag fahren wir durch die Algodones-Dünen. Der nördliche Teil ist Sperrgebiet, weil hier die seltenen Desert-Turtles leben, doch der südliche Teil scheint DER Offroad-Sandkasten zu sein. Leider ist gerade nicht viel los, doch die Infrastruktur und die vielen Campspots lassen viel Betrieb und Action in der Saison erahnen. Gerne hätten wir vom Overlook die herumrasenden Sandbuggies und Enduros beobachtet, doch dieser ist gerade heute gesperrt. Ein Officer der Highway Patrol informiert uns, dass hier gerade ein Film gedreht würde… Wir verlassen die Gegend etwas enttäuscht, doch was sollen wir anderen beim Spielen zusehen, wo wir doch auch sooo gerne auch in den Dünen herumspielen würden. Doch unsere Töfflis, tja, die sind eben gerade sehr weit weg…


Anza Borrego State Park
Die letzte Station auf unserem Weg durch den Westen ist der Anza Borrego State Park. Im grössten State Park der USA darf fast überall gecampt werden und hierfür gibt es auch fast unendlich Möglichkeiten. Wir statten dem Visitor Centre in Borrego Springs einen Besuch ab, hier gibt es einen gigantischen Mammutschädel mit Stosszahn zu bestaunen und draussen einen toll gemachten und beschilderten Kaktusgarten. Der Park selbst lockt mit vielen Canyons zum Wandern, Offroaden oder einfach um in einer umwerfenden Landschaft zu campen, die Sonne zu geniessen und nachts die Stille, mit Blick auf die Millionen Sterne am klaren Nachthimmel…
Hier bringen wir dann auch Teil 2 der „Zwangsräumung“ hinter uns, es ist einfach unglaublich, wie viel Zeugs in unser kleines, schickes Reisegefährt passt! ;-)
Hier bereiten wir uns auch auf den Grenzübertritt nach Mexico vor. Wir hatten eine unglaublich schöne Zeit und verlassen die USA mit mehr als einem weinenden Auge. I’ll be back! ist die Ansage und das meinen wir auch so. Doch jetzt ist es Zeit, den nächsten Schritt zu tun, oder eher Pasito, denn ab morgen heisst es: Hola Mexico!

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