Alaska - Juli 2016
Erst ist nur ein Rascheln zu hören, dann dumpfe
Geräusche wie von etwas schwerem, schnellen, dann blitzt der dichte
braune Pelz durch die Büsche... ok, das ist definitiv kein Elch!
Tatsächlich kommt der Grizzly direkt in unsere Richtung, während wir auf
dem Waldweg stehen, dichtes Buschwerk rechts und links des schmalen
Pfades. Cool bleiben, was stand jetzt in dieser Bärenbroschüre? Wie
erkenne ich einen defensiven von einem offensiven Angriff und wann soll
man sich wehren und wann totstellen? Natürlich tragen wir weder
Bärenspray noch sonst eine Art der Verteidigung mit uns auf der
Wanderung... Langsam laufen wir rückwärts, sprechen langsam aber laut
und versuchen uns als Mensch zu erkennen zu geben.
Der Bär erreicht
den Weg etwa 20 Meter vor uns. Stellt sich auf die Hinterbeine,
schnuppert. Erst denke ich, och, der ist ja noch klein, dann der zweite
Gedanke, klein? Und wo ist die Mama? Der halbwüchsige Bär dreht sich
jedoch rasch ab und verschwindet wieder im Wald. Obwohl dies genau die
Reaktion ist, die für Bären typisch ist bei Begegnungen mit Menschen,
bleiben wir mit weichen Knien und rasenden Herzen stehen. Pffuuhhh…
welcome to Alaska!
Der Norden...
Der
Grenzübertritt über die nördlichste US-Grenze verläuft dank unserer
B2-Visa unproblematisch. Weder wird das Auto durchsucht noch wir. Wir
geben unsere Fingerabdrücke, bezahlen die Gebühr und schon werden wir
herzlich willkommen geheissen, nebst Foto mit Grenzschild und
Goldnuggets. Das wären sie also, die United States of America!
Abgesehen
davon dass die Strasse nun mit Meilen beschildert ist und wir den
Diesel in Gallonen und mit US-Dollar kaufen ändert sich eigentlich
nichts vorerst! Die Aussicht vom Top oft the World Highway muss wohl
sehr schön sein, uns umhüllt allerdings dichter Nebel und Regen - was
sich fast die gesamte kommende Woche nicht ändern sollte. Zügig
erreichen wir Fairbanks. Das sehr touristisch vermarktete Chicken ist
eine Enttäuschung, und die Ortschaft North Pole ist auch nicht viel mehr
als ein Souvenirladen mit Weihnachtsabteilung. Santa Claus hat heute
frei und seine Rentiere harren dem unfreundlichen Wetter in ihrem
Unterstand. Beeindruckend finden wir allerdings, dass sämtliche Post an
den Weihnachtsmann hierher geleitet wird. An einer Pinnwand lesen wir
die Wünsche und Sorgen amerikanischer Kinder - unglaublich wie viele
sich ein Pony oder die neusten Sneaker von Nike wünschen…
Im
unglaublich schön gestalteten Visitor Centre von Fairbanks wird uns die
Entscheidung abgenommen, die 700 km nach Norden bis zur Prudhoe Bay zu
fahren oder nicht. Der Wetterbericht für den Norden Alaskas verheisst
nichts Gutes für die gesamte nächste Woche. Dafür müssen wir uns die
schlechte Schotterstrasse mit dem regen Truckverkehr entlang der
Oelpipeline nicht antun, zumal man nur mit einer Tour das Polarmeer
erreicht, mit dem eigenen Fahrzeug ist es nicht möglich! Beim ersten
Einkauf nehmen wir dann doch erstaunliche Unterschiede zu Kanada wahr.
Im Supermarkt werden neben Obst und Gemüse auch Schusswaffen verkauft,
und der Alaskaner trägt seine Waffe ganz selbstverständlich beim Brot
kaufen oder Familienausflug, für uns immer wieder ein verstörendes Bild.
In
Fairbanks treffen wir endlich auf Dagmar und Lars aus Dresden. Auch sie
sind mit einem Landcruiser unterwegs, teilen dessen doch eher
bescheidenen Innenraum aber noch mit ihren beiden Bergamaskern Foppolo
und Anthony was uns immer wieder aufs Neue beeindruckt ;-). Bereits seit
über einem Jahr verfolgen wir ihre Reise, die auch in Halifax gestartet
hat (www.gespanntreisen.com).
Gemeinsam treten wir die Fahrt in den Süden an - in der Hoffnung auf
besseres Wetter. Da wir einen komplett anderen Tagesablauf als die Vier
haben, fahren wir separat, treffen uns aber abends wieder auf
vereinbarten Plätzen. Nicht immer ganz einfach, aber iOverlander und SMS
machen es möglich :-)
Die Berge...
Den
Denali - der höchste Berg Nordamerikas und DAS Highlight Alaskas
sollten wir nicht zu Gesicht bekommen. Auch bei guten Wetterbedingungen
ist die Chance, diesen ohne Wolken zu sehen ziemlich gering, bei unseren
Prognosen lohnt sich der Aufwand des Parkbesuchs für uns nicht. Mit dem
eigenen Fahrzeug darf man nur ein kurzes Stück in den Park, weiter
geht’s nur bei gebuchtem Campingplatz oder einer Bustour. Beides ist
jetzt in der Hochsaison nur sehr schwer zu bekommen, so begnügen wir uns
mit dem Besuch des informativen Visitor Centres. Dieses ist derart hoch
frequentiert, dass wir froh sind, wieder in unserem Auto zu sitzen.
Natürlich wurmt es etwas, doch wir sollten noch mit unglaublichen
Bergpanoramen entschädigt werden.
Bei einem gemütlichen Campfire-Abend mit Dagi und Lars entscheiden wir uns kurzfristig für eine Planänderung (wenn man dem so sagen kann, da wir ja eigentlich kaum irgendetwas planen..). Wir lassen den touristischen Parks-Highway mit einer letzten geringen Aussicht auf „den Hohen“ zugunsten des Denali Highways sausen.
Die einsame Schotterstrasse sollte uns nicht enttäuschen. Wir fahren durch einzigartige Landschaften, einsame Tundra mit Bergen, Gletschern, Seen und Flüssen, müssen keine Campplätzli suchen sondern uns nur für das schönste entscheiden und haben erstmals das Gefühl, in Alaska angekommen zu sein. Dies liegt sicher auch an der Besserung des Wetters, es macht wieder Spass die Kamera zu zücken und Bilder zu schiessen. Kurz vor Erreichen des Richardson Highways eröffnet sich uns ein unglaubliches Panorama: Die Wrangell St. Elias Mountains mit Mt. Sandford, Mt. Drum, Mt. Wrangell und Mt. Blackburn. Schneebedeckt erheben sie sich aus dem Nichts, von 100 m Höhe auf knapp 6000 m. Schöner könnte der Denali auch nicht sein trösten wir uns und geniessen den Anblick. Auf der Anfahrt zum Nationalpark verbringen wir einen vorläufig letzten Abend mit Dagi & Lars. Es zieht sie gegen Süden nach Valdez - wir hoffen fest sie dort nochmal zu sehen.
Die folgenden Tage
im grössten Nationalpark der USA toppen landschaftlich alles was wir
bereits gesehen haben. Die vorwiegend unberührte und zum Teil
unerforschte Natur hält uns im Banne.
Wir finden wunderschöne Campplätzchen, erforschen alte Minen in
Kennekott, erwandern mächtige Gletscher, wandeln auf alten
Eisenbahntrassées, und schlendern durch historische Goldgräberstädtchen
wie McCathy, wo die Geschichte noch zum Greifen nah ist. In Chitina
sehen wir einheimischen Fischern beim Lachsfang zu, bekommen von Henri
aus Anchorage sogar einen frischen Sockeye Lachs geschenkt, einfach so… Das
Ausnehmen ist eine Herausforderung aber der Genuss eines gegrillten
Sockeyes, unbezahlbar!